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Krieg in der Ukraine Nicht alle Schweizer Firmen wollen Russland den Rücken kehren

Immer mehr westliche Firmen ziehen sich aus Russland zurück. Viele Unternehmen tun sich aber auch schwer mit einem Abgang.

Aufschlussreich ist die Art und Weise, wie die Schweizer Unternehmen in Russland kommunizieren – und zwar gegenüber den Angestellten und Kunden vor Ort. Radio SRF wollte konkret von den grossen Konzernen wissen, ob sie in Russland die russische Sprachregelung übernehmen und von «Militäroperation» sprechen oder von «Krieg».

«Militäroperation» oder «Krieg»? So benennen Schweizer Unternehmen die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine gegenüber Kundschaft und Angestellten

Der Industriekonzern OC Oerlikon etwa bezieht klar Stellung. Michael Süss, Verwaltungsratspräsident, schreibt auf der Internetplattform LinkedIn: «Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg auf die Ukraine ist ein dramatisches Ereignis (…)» und weiter: «Die langfristigen wirtschaftlichen Folgen dieses vom russischen Regime initiierten Krieges sind derzeit noch gar nicht abzuschätzen.»

Klare Worte? Nicht von allen

Dass gerade OC Oerlikon so klare Worte wählt, mag erstaunen. Das Unternehmen wird vom russischen Oligarchen Viktor Vekselberg kontrolliert. Viele Firmen allerdings wollen sich zur Kriegsfrage nicht äussern: zum Beispiel ABB, Clariant, Rolex oder Swatch.

Lindt & Sprüngli – spektakuläre Kehrtwende

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Lindt & Sprüngli vollzieht bei seiner Geschäftstätigkeit in Russland eine spektakuläre Kehrtwende. Am Dienstag – anlässlich der Jahresmedienkonferenz – hat der Schokoladenproduzent bekräftigt, dass er seine acht Geschäfte in Russland weiter betreibe.

Nur einen Tag später, am Mittwoch, zieht das Unternehmen die Reissleine und teilt mit: «Wir haben unsere Geschäftstätigkeit in Russland neu evaluiert und uns dazu entschlossen, vorübergehend unsere Shops per sofort zu schliessen.»

Für Adrienne Suvada, Dozentin für Unternehmenskommunikation an der ZHAW, ist ein solcher Schritt der «kommunikative Super-GAU», wie sie gegenüber Radio SRF sagt: «Es ist eigentlich unverständlich».

Wenn man eine Medienkonferenz veranstalte wie Lindt & Sprüngli am Dienstag, dann sollte das Unternehmen erst recht mögliche Reaktionen antizipieren, so Suvada. «Wenn man so schnell einknickt, hat man entweder die Hausaufgaben nicht richtig gemacht oder will sich schnell wieder aus der Kritik herausnehmen.»

Vielmehr sollte ein Unternehmen seiner Linie treu sein, rät die Dozentin für Unternehmenskommunikation. Ob diese Linie richtig oder falsch ist, könne immer noch diskutiert werden.

Für Adrienne Suvada, Dozentin für Unternehmenskommunikation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, zeigt dies vor allem eines: «Wir wissen alle nicht, wie sich das weiterentwickelt. Man versucht, nicht alle Brücken abzubrechen, sondern sich einen Fuss in der Türe beizubehalten. Das ist die Strategie, die die Unternehmen bei uns auch fahren.»

Die Firmen versuchen, nicht alle Brücken abzubrechen.
Autor: Adrienne Suvada Leitung Fachstelle Communication & Branding, ZHAW

Die Schweizer Unternehmen versuchen also einen Spagat: Russland nicht komplett verärgern, aber gleichzeitig auf öffentliche Kritik reagieren, indem sie nun die Geschäftsbeziehungen vorübergehend unterbrechen.

«Man vermeidet natürlich gerade in so hitzigen Zeiten, dass man sich falsch positioniert. Das ist schon seit einigen Jahren zu beobachten. Man schlägt sich ein bisschen auf die Seite des geringsten Widerstands. Man will möglichst vermeiden, dass man bei den Medien oder in der Presse schlecht ankommt», so Suvada.

Gleichzeitig ist es für die meisten Unternehmen auch wirtschaftlich verkraftbar, auf das Russland-Geschäft zu verzichten. In der Regel erzielen sie nur 1 bis maximal 3 Prozent ihres Umsatzes in Russland.

Roche und Nestlé bleiben in Russland

Gleichwohl gibt es auch etliche Unternehmen, die ganz bewusst an Russland festhalten. Roche etwa und Nestlé. Beide Konzerne stellen sich auf den Standpunkt, dass sie die russische Bevölkerung mit wichtigen Gütern des täglichen Bedarfs versorgten – Roche mit Medikamenten, Nestlé mit Lebensmitteln.

An einer solchen Strategie festzuhalten, ist in der aktuellen Situation nicht einfach, so Adrienne Suvada: «Es braucht Mut, Widerstandskraft und eine klare Kommunikationslinie und -strategie.»

Hinzu kommt, dass sich diese Unternehmen auch gewohnt sind, mit öffentlicher Kritik umzugehen. Gleichzeitig sind es aber auch Unternehmen mit Gewicht. Deshalb kann es sich Nestlé leisten, auch in Russland gegenüber den 7000 russischen Angestellten den Krieg und die Invasion zu erwähnen.

SRF 4 News, Rendez-vous, 10.03.2022, 12:30 Uhr

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