Zum Inhalt springen

Kurzarbeit wegen Corona? «Es braucht ein Machtwort des Bundesrats»

Die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus haben die Wirtschaft lahmgelegt. Unzählige Unternehmen haben bereits Kurzarbeit angemeldet. Auch staatsnahe Betriebe wie Verkehrsbetriebe haben für gewisse Mitarbeitende Kurzarbeit beantragt. Dürfen sie das überhaupt? Der SRF-Wirtschaftsredaktor fasst die aktuelle Debatte zusammen.

Lorenzo Bonati

Wirtschaftsredaktor, SRF

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Lorenzo Bonati ist Wirtschaftsredaktor SRF, mit den Spezialgebieten Arbeitsmarkt, Werkplatz Schweiz und Konsum. Zuvor arbeitete er bei der Nachrichtenagentur SDA und bei SRF 4 News. Er studierte Soziologie, Zeitgeschichte und Politikwissenschaft an der Uni Fribourg.

SRF News: Weshalb gibt es breiten Widerstand gegen die Entschädigungen für staatsnahe Betriebe?

Lorenzo Bonati: Sowohl Gewerkschaften wie auch Arbeitgeber stellen sich auf den Standpunkt, dass staatsnahe Betriebe nicht Konkurs gehen können. Genau das ist aber der Sinn dieser Entschädigung, nämlich Unternehmen vor krisenbedingten Konkursen zu bewahren. Kritisiert wird deshalb, dass die Kurzarbeitsentschädigung ihren Zweck bei Angestellten von Staatsbetrieben nicht erfülle und dass so die Arbeitslosenversicherung unnötigerweise belastet werde.

Tatsächlich sind staatsnahe Betriebe nicht direkt einem Konkursrisiko ausgesetzt.

Gibt es denn staatsnahe Betriebe, die Kurzarbeitsentschädigung beantragt haben?

Ja, die SBB, Postauto und regionale Verkehrsbetriebe wie die BLS haben für einen Teil ihrer Mitarbeiter Entschädigungen beantragt. Sie begründen dies mit dem geringeren Angebot im öffentlichen Verkehr, deshalb werde weniger Personal benötigt.

Auch Angestellte in bundesnahen Unternehmen bezahlen Beträge in die Arbeitslosenversicherung ein.

Geht es bei dieser Frage nur um Verkehrsbetriebe oder generell um staatsnahe Unternehmen?

Die Post hat bekannt gegeben, dass sie nicht nur für Mitarbeitende von Postauto Kurzarbeit beantragt hat, sondern auch für solche im Poststellennetz, die einer Risikogruppe angehören. Und auch die SRG hat bekanntlich für jeden Zehnten ihrer rund 6000 Mitarbeitenden Kurzarbeit beantragt. Begründet wird die Massnahme mit den vielen abgesagten Grossanlässen und mit dem Corona-bedingten Zusammenbruch der Werbeeinnahmen.

Was sagt der Bund dazu, dass auch diese Unternehmen Kurzarbeit angemeldet haben?

Da gehen die Meinungen zwischen den Ämtern auseinander. Beim Bundesamt für Verkehr (BAV) ist man der Auffassung, dass die ÖV-Unternehmen zu Kurzarbeitsentschädigungen berechtigt sind. Das BAV begründet seine Haltung damit, dass sonst Entlassungen drohen würden.

Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) vertritt man die Meinung, dass öffentlich-rechtliche Betriebe im Gegensatz zu Privaten kein Betriebs- oder Konkursrisiko tragen würden und somit die Kurzarbeitsentschädigungen nicht in Anspruch nehmen können.

Wie soll SBB, Postauto und Co. sonst geholfen werden?

Beim Seco ist man der Auffassung, dass finanzielle Engpässe bei staatsnahen Unternehmen direkt mit öffentlichen Mitteln gedeckt werden. Auch der Gewerkschaftsbund sieht den Staat als Eigentümerin von SBB und Post in der Pflicht. Der Bund solle die Unternehmen direkt aus der Staatskasse unterstützen und somit die Arbeitslosenversicherung nicht belasten.

Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt dagegen will keine Corona-Subventionen. Stattdessen plädierte er in der «Sonntagszeitung» dafür, dass die Angestellten der betroffenen Betriebe Überstunden abbauen.

Wie geht es in dieser Frage weiter?

Wahrscheinlich braucht es ein Machtwort des Bundesrats. Tatsächlich sind staatsnahe Betriebe nicht direkt einem Konkursrisiko ausgesetzt. Auf der anderen Seite bezahlen auch Angestellte in bundesnahen Unternehmen Beträge in die Arbeitslosenversicherung ein. Da ist es schwierig zu erklären, weshalb sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben sollen.

Das Gespräch führte Daniel Hofer.

Rendez-vous vom 14.04.2020 ; 

Meistgelesene Artikel