Die harte Arbeit lohnt sich nicht mehr: Zu diesem Schluss kommen offenbar immer mehr Landwirtinnen und Landwirte. Die Zahl der Bauernbetriebe hat in den letzten zehn Jahren um elf Prozent abgenommen.
Das Hofsterben könnte neben Strukturwandel und gesellschaftlichen Veränderungen auch am Lohn liegen. So zeigt eine Studie des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), dass das Einkommen vieler Bauernbetriebe unter den Löhnen der übrigen Wirtschaft liegt.
Gefälle zwischen Berg- und Talregionen
Zwar hat das landwirtschaftliche Einkommen zwischen 2015 und 2021 um durchschnittlich 32 Prozent zugenommen. Die Auswertung zeigt jedoch, dass der Lohnunterschied zwischen den Betrieben in Berg-, Hügel- und Talregionen grösser wird.
Der Lohn im Talgebiet ist zwischen 2015 und 2021 um 37 Prozent gestiegen, im Berggebiet gab es eine Zunahme von 17 Prozent. Landwirtschaftliche Betriebe in der Bergregion verzeichnen damit den geringsten Anstieg des Stundenlohns.
Das Einkommen der Bauernfamilien
Für Bergbauer Martin Patzen im bündnerischen Avers geht die Rechnung auf, doch Ende Monat ist nicht mehr viel übrig.
«Ganz wichtig für uns sind die Subventionen», sagt Martin Patzen. Sie machen für den Betrieb bis zu drei Viertel des Einkommens aus. Den Rest der Einnahmen stammt aus der Direktvermarktung ihrer Produkte und der Bewirtschaftung von fünf Alpen.
Die Arbeit lohnt sich für Patzen. Trotzdem merkt er an: «Man kann davon leben und erfüllt sein. Aber es muss Freude machen.»
Geschäftsmodelle müssen angepasst werden
Im Hügelland sind Bäuerinnen und Bauern mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Samuel Guggisberg setzt mit seinem Hof im bernischen Wald auf Diversifizierung. Guggisberg baut Kartoffeln, Weizen, Gerste und Raps an. Zusätzlich bietet er Dienstleistungen für andere Bauern an: Düngt Felder, bringt Ernte ein, reinigt Silos oder vermietet Traktoren.
Durch die verschiedenen Geschäftszweige steigert Guggisberg die Effizienz seiner Maschinen. Die fixen Kosten können ausserdem auf mehr Fläche verteilt werden.
Die geografische Lage der Gemeinde Wald sieht Guggisberg als Vorteil: «Wir sind in der glücklichen Lage, dass Ackerbau noch möglich ist. Das ist in der voralpinen Zone oft nicht mehr möglich.» Viele Felder im Hügelgebiet seien uneben.
Lohn entwickelt sich auf tiefem Niveau
Laut dem Bundesamt für Landwirtschaft wird das bäuerliche Einkommen von vielen Faktoren beeinflusst. Folgende Punkte spielen eine Rolle:
- klimatische und topografische Bedingungen
- Ausbildung der Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter
- Produktionsausrichtung der Betriebe
- Betriebsgrösse
- Maschinen- und Gebäudekosten
Gerade die Rolle der Ausbildung ist markant. Das hebt auch Christian Hofer, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft, hervor. «Gut ausgebildete Betriebsleiter haben tendenziell höhere Einkommen. Da ist eine Investition in die Ausbildung eine gute Entscheidung.» Eine Option wäre laut Hofer deshalb, die Unterstützung von Betrieben mit Direktzahlungen oder Investitionskrediten an Ausbildungsanforderungen zu koppeln.
Die Grösse der Betriebe sei ein wesentlicher Treiber für die zwischen 2015 und 2021 angestiegenen Löhne, so Hofer. «Die Strukturveränderungen haben dazu geführt, dass man mit weniger Betrieben mehr Einkommen pro Betrieb generiert hat.»
Das widerspiegelt die aktuelle landwirtschaftliche Strukturerhebung des Bundesamtes für Statistik. Während die Anzahl Betriebe mit einer Fläche von über 30 Hektaren zunimmt, nehmen Betriebe unter dieser Marke ab.