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Leitzins und Pensionskassen «Umverteilung von Jung zu Alt dürfte sich deutlich reduzieren»

Die Schweizerische Nationalbank hat am Donnerstag den Leitzins erhöht und damit eine lange Phase der Negativzinsen beendet. Dies, um dem erneut gestiegenen Inflationsdruck entgegenzuwirken. Für die Schweizer Pensionskassen ändert sich dadurch einiges. Experte Thomas Breitenmoser erwartet, dass es für Rentner zunächst keine grossen Veränderungen gibt, für Beitragszahlende aber sehr wohl.

Thomas Breitenmoser

Experte Pensionskassen

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Thomas Breitenmoser ist Leiter Investment-Controlling & Consulting und Mitglied der Geschäftsleitung beim Finanzdienstleister Complementa.

SRF News: Welche Folgen hat der Zinsschritt für Berufstätige und Rentnerinnen?

Thomas Breitenmoser: Dieser Zinsschritt bedeutet für die Aktivversicherten kurzfristig, dass es dieses Jahr wahrscheinlich eine BVG-Minimumverzinsung gibt, von einem Prozent. Das ist natürlich immer noch sehr gut, wenn man sieht, was die Kapitalmärkte gemacht haben.

Wir haben dieses Jahr ungefähr so viel verloren an den Kapitalmärkten, wie wir letztes Jahr als Ertrag gesehen haben.

Für die Rentner dürfte es keine grossen Veränderungen geben, ihre Verpflichtungen sind ja garantiert. Wenn die stabilen Zinsen längerfristig auf diesem Niveau sind, dürfte sich die Umverteilung von Jung zu Alt deutlich reduzieren – vielleicht sogar zu einem Ende kommen.

Wie ist die Ausgangslage bei den Pensionskassen?

Schweizer Pensionskassen ging es bisher sehr gut. In den letzten zehn Jahren hatten wir genau zwei Jahre mit einer Negativrendite. Das war 2018 und jetzt im aktuellen Jahr. Wir haben dieses Jahr ungefähr so viel verloren an den Kapitalmärkten, wie wir letztes Jahr als Ertrag gesehen haben. Also so gesehen ist das ausgeglichen.

Wie sind die Aussichten für die Pensionskassen?

Die Pensionskassen schaffen sich Reserven genau für solche Jahre wie diese. Aus diesem Grund sind trotz dieser negativen Entwicklung die Kassen im Durchschnitt völlig gedeckt. Das heisst, sie haben genügend Finanzen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Kassen in einer Unterdeckung sind hauptsächlich öffentlich-rechtliche Kassen.

Selbstverständlich gilt das nur im Schnitt. Es gibt etwa ungefähr acht Prozent der Kassen, die in einer Unterdeckung sind. Das sind aber hauptsächlich öffentlich-rechtliche Kassen.

Was wird sich bei den Anlagen der Pensionskassen ändern?

Langfristig wird die Obligationenquote eher wieder steigen. Also ein Trend zurück zu festverzinslichen Werten, welche in den letzten Jahren kontinuierlich abgebaut worden sind. Somit dürfte sich der Anreiz, immer risikoreichere Anlagen und alternative Anlagen aufzunehmen, wieder reduzieren. Denn mit den steigenden Zinsen bekommt man über die risikoärmeren, festverzinslichen Werte genügend Rendite.

Das Gespräch führte Camilla Hermann.

Tagesschau, 23.09.2022, 19:30 Uhr ; 

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