Zum Inhalt springen

«Lex China» Parlament will Schweizer Firmen vor heiklen Übernahmen schützen

Chinesische und andere ausländische Konzerne sollen nicht mehr frei Schweizer Firmen aufkaufen dürfen. Zuerst müsste der Bund prüfen, ob die Übernahme heikel ist für die Sicherheit der Schweiz. Diese «Lex China» will das Parlament, der Bundesrat hält sie für wirtschaftsschädlich.

Der Basler Agrochemiekonzern Syngenta gehört zu einem chinesischen Staatskonzern, die ehemals schweizerische Flugzeugwartungsfirma SR Technics ist im Besitz eines wenig transparenten chinesischen Megakonzerns. Chinesische, aber auch andere ausländische Konzerne würden sich gezielt in wichtige Branchen einkaufen, sagt Mitte Ständerat Beat Rieder. Weltweit und in der Schweiz.

«Worst case ist, dass wir mehr und mehr abhängig werden von ausländischen Staaten.» Die Schweiz sei bereits stark abhängig von China und weiteren ausländisch kontrollierten Unternehmen, die Firmen übernehmen, die für die Versorgung der Schweiz zentral seien.

Mitte-Ständerat Beat Rieder an der Frühjahrssession der Eidgenössischen Räte in Bern.
Legende: Mitte-Ständerat Beat Rieder an der Frühjahrssession der Eidgenössischen Räte in Bern. KEYSTONE/Alessandro della Valle

Rieder ist der politische Vater der «Lex China». Er hat das Parlament überzeugt, es brauche eine Bewilligungspflicht, wenn ausländische Konzerne wichtige Schweizer Firmen kaufen. Die Bewilligungspflicht in konkrete Gesetzestexte giessen, muss der Bundesrat.

Bundesrat gegen Bewilligungspflicht

Doch der Bundesrat hält nichts von der Idee. Die Bewilligungspflicht schrecke Investoren ab, gefährde den Wohlstand und sei unnötig, so die Argumente. «Der Investitionsstandort Schweiz würde geschwächt», schreibt das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft Seco.

Der Fokus soll zielgerichtet auf die sicherheitskritischsten Übernahmen gelegt werden. Das sind Übernahmen durch staatlich kontrollierte Investoren, welche politisch motiviert sein könnten.
Autor: Staatssekretariat für Wirtschaft Seco

Letztes Jahr hat der Bundesrat widerwillig einen ersten Umsetzungsvorschlag gemacht und ihn Verbänden, Kantonen und Parteien vorgelegt. Aufgrund der Rückmeldungen hat er die «Lex China» regelrecht zusammengestrichen. Nur noch bei Übernahmen im Rüstungs-, Strom-, Gesundheits- oder Telekombereich soll der Staat prüfen, ob zum Beispiel Spionage droht oder das Land zu stark abhängig würde vom ausländischen Käufer – aber nur, wenn der Käufer ein staatlicher oder staatlich kontrollierter ausländischer Konzern ist.

Das Seco begründet den Rückschritt im Namen des Bundesrats so. «Der Fokus soll zielgerichtet auf die sicherheitskritischsten Übernahmen gelegt werden. Das sind Übernahmen durch staatlich kontrollierte Investoren, welche politisch motiviert sein könnten.»

Rieder kritisiert Rückschritt des Bundesrats

Beat Rieder ist gar nicht zufrieden, nur Firmenkäufe von staatlich kontrollierten Konzernen zu überprüfen. Das sei naiv. «In gewissen Staaten können Sie diese Trennung zwischen privaten Unternehmen und staatlicher Kontrolle nicht machen. Sie haben Unternehmen, die eine gewisse Grösse haben in einem Land und die keine ausländische Investition ohne entsprechende Abklärungen mit dem Staat machen können.» Es gebe einfach diesen Staatskapitalismus, der Einflussnahme im Ausland verfolge.

Die Wirtschaft ist am schnellen Geld, am schnellen Deal interessiert. Das ist nicht im Sinne der Bevölkerung und des Landes.
Autor: Beat Rieder Ständerat (Mitte/VS)

Der Bundesrat auf der anderen Seite rechtfertigt seinen Rückschritt mit der Vernehmlassung der öffentlichen Anhörung im letzten Jahr. «Die Einschätzung, dass eine solche Einschränkung der Investitionen wirtschaftlich schädlich wäre, wurde in der Vernehmlassung mehrheitlich geteilt.»

Uneinigkeit zwischen Wirtschaft und Politik

Box aufklappen Box zuklappen

Breite Kreise seien gegen eine Bewilligungspflicht, so der Bundesrat. Doch beim genaueren Hinschauen zeigt sich ein anderes Bild: Nur die Wirtschaftsverbände sind fast geschlossen dagegen. Linke Parteien und Parteien aus der politischen Mitte hingegen sind dafür, die Kantone hälftig gespalten.

Der Bundesrat höre zu sehr auf die Wirtschaft, kritisiert Rieder. «Die Wirtschaft ist am schnellen Geld, am schnellen Deal interessiert. Das ist nicht im Sinne der Bevölkerung und des Landes.»

Der Weg von einer Idee bis zu ihrer Umsetzung ist weit in der Schweiz. Die Sache kommt noch einmal ins Parlament. Beat Rieder ist zuversichtlich, dass dort eine Mehrheit die «Lex China» wieder verschärft.

Echo der Zeit, 10.05.2023, 18:00 Uhr

Meistgelesene Artikel