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Lohnrunde 2024 Löhne steigen nächstes Jahr im Gleichschritt mit der Inflation

Nach Abschluss der meisten Lohnverhandlungen zeigt sich der Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse zufrieden. Er warnt aber: Die Kaufkraft der Angestellten bleibe unter Druck.

In den letzten Jahren sind die Preise in der Schweiz gestiegen. Zwar war die Inflation deutlich geringer als in vielen umliegenden Ländern, aber die Kaufkraft der Menschen habe trotzdem gelitten, sagt Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail Suisse: «Das hat weitgehende Folgen für die Arbeitnehmenden. Sie haben weniger Geld im Portemonnaie. Deshalb sprechen wir von einer Krise der Kaufkraft.»

Es gibt eine grundsätzliche Regel: Die Löhne müssen mit den Preisen steigen.
Autor: Thomas Bauer Leiter Wirtschaftspolitik bei Travail Suisse

Der Grund für diese Verschlechterung ist einerseits die Inflation. Zusätzlich haben viele Arbeitgeber die Löhne ihrer Angestellten in den letzten drei Jahren zu wenig angehoben, um die Inflation auszugleichen. Das dürfe nicht passieren, so der Gewerkschaftsdachverband:

«Es gibt eine grundsätzliche Regel: Die Löhne müssen mit den Preisen steigen. So, dass die Löhne nicht rückläufig sind und die Arbeitnehmenden mindestens gleich viel kaufen können.»

Deshalb sei man froh, dass es für 2024 in den meisten Branchen mit Gesamtarbeitsvertrag gelungen sei, reale Lohnerhöhungen auszuhandeln.

Arbeitgeber profitieren von Teuerungsausgleich

Auch Simon Wey, Chefökonom beim Arbeitgeberverband, zeigt sich zufrieden. Er sagt, es sei auch für die Arbeitgeber zentral, dass die Teuerung ausgeglichen werde: «Viele Betriebe sind auch davon abhängig, dass die Kaufkraft der Konsumentinnen und Konsumenten hoch ist, damit sie kauffreudig sind und Produkte erwerben.»

Ein Automatismus beim Ausgleich würde auch ein Automatismus bei einer negativen Teuerung bedeuten.
Autor: Simon Wey Chefökonom beim Arbeitgeberverband

Allerdings spricht sich der Arbeitgeberverband dagegen aus, dass die Löhne automatisch an die Teuerung angepasst werden, so wie das die Gewerkschaften fordern. Und so, wie das früher oft gewesen sei.

Denn: «Die Zeiten haben sich verändert. Wir haben Krise um Krise in den letzten Jahren. Man muss auch betonen: Ein Automatismus beim Ausgleich würde auch ein Automatismus bei einer negativen Teuerung bedeuten. Das wollen Gewerkschaften und Arbeitnehmende nicht.»

Reallöhne sollen steigen

Der Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse fordert aber künftig nicht nur einen Teuerungsausgleich, sondern auch, dass die Reallöhne weiter erhöht werden, wie Thomas Bauer sagt: «Die Reallöhne sollen mit der Produktivität steigen. Wenn ein Unternehmen mehr verdient, sollen auch die Arbeitnehmenden ihren fairen Anteil erhalten. Sonst haben wir einfach eine Umverteilung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.»

Der Arbeitgeberverband ist grundsätzlich mit diesem Mechanismus einverstanden. Simon Wey sagt aber: Die Margen vieler Unternehmen seien im Moment zu gering für weitere Lohnerhöhungen: «Es gibt genug, um die Teuerung auszugleichen. Aber es gibt nicht genug, um fünf Prozent Lohnerhöhungen zu sprechen, die die Gewerkschaften zur Mitte des Jahres gefordert hatten.»

Eher zur Vorsicht mahnt auch Jan Egbert-Sturm, Direktor der Konjunktur-Forschungsstelle der ETH Zürich. Er sagt, die Wirtschaft schwächle im Moment und für viele Unternehmen seien die Aussichten nicht rosig: «Im Industriebereich läuft es nicht ganz so rund, wie man das gerne hätte. Die internationale Konjunktur ist schwach. Das spiegelt sich dann auch in der Schweizer Wirtschaft wider. Da merkt man, dass es für die Unternehmen schwieriger ist.»

Eine Person bezieht an einem Bancomaten 20 Schweizer Franken.
Legende: Wenn die globale Wirtschaft schwächelt, zeigt sich das auch in der Schweiz. Keystone/Christian Beutler

Gleichzeitig dürften die Lebenshaltungskosten nächstes Jahr nochmals steigen. Neben dem allgemeinen Preisniveau steigen auch die Krankenkassenprämien deutlich. Die Diskussion um die Löhne wird also sicher weiter gehen.

Rendez-vous, 18.12.2023, 12:30 Uhr

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