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Massiv steigende Energiekosten Strom wird nächstes Jahr mancherorts um über 20 Prozent teurer

Die Preise steigen nicht für alle gleich stark. Es kommt drauf an, wo der Versorger den Strom bezieht.

Die Strompreise steigen nicht überall gleich stark. Dort, wo der lokale Stromversorger viel Strom auf dem europäischen Markt einkauft, ist mit höheren Preissteigerungen zu rechnen als dort, wo der Versorger viel eigenen Strom herstellt, erklärt Nadine Brauchli vom Verband der Schweizer Energieunternehmen (VSE): «Sie müssen den Preis nicht so stark erhöhen, haben dafür in den Vorjahren höhere Preise gehabt, als dies am Markt der Fall war.»

Denn früher lagen die europäischen Handelspreise üblicherweise tiefer als die Produktionskosten der Kraftwerke in der Schweiz. Das hat sich nun geändert, weil unter anderem wegen des Ukraine-Krieges die Energiekosten allgemein stark gestiegen sind. Laut dem VSE rechnet die Hälfte der Stromversorger damit, dass sie ihre Tarife um 20 Prozent oder noch mehr erhöhen müssen. Das bereitet vor allem dem Gewerbe Sorgen.

Preise nicht überwälzen

Henrique Schneider vom Schweizerischen Gewerbeverband spricht von einer Hiobsbotschaft: Denn das Gewerbe leide jetzt schon unter höheren Beschaffungskosten für Rohstoffe und Materialien. «Man kann das den Kunden nicht zumuten, dass sie noch 20 Prozent mehr für Strom bezahlen müssen.»

Man kann das den Kunden nicht zumuten, dass sie noch 20 Prozent mehr für Strom bezahlen müssen.
Autor: Henrique Schneider Schweizerischer Gewerbeverband

Viele Betriebe müssten also die höheren Stromkosten selbst tragen. Es sind Mehrkosten, die für ein kleines Unternehmen mehrere tausend Franken jährlich betragen dürften, wie der Verband der Schweizer Elektrizitätsunternehmen schreibt, und für einen Durchschnittshaushalt rund 180 Franken pro Jahr.

Anreiz zu sparen?

Höhere Strompreise hätten aber auch ihr Gutes, meint Nadine Brauchli vom VSE: «Ich denke, dass es ein Anreiz ist, energieeffiziente Massnahmen zu ergreifen. In der Energieeffizienz liegt noch ein grosses Potenzial. Für die Versorgungssicherheit sind gesparte Kilowattstunden genauso wichtig wie produzierte.»

Das sieht Gewerbevertreter Schneider anders: «Das ist nicht ein Anreiz, das ist ein Preishammer», sagt er, und das könnte sogar kontraproduktiv sein, wenn wegen der starken Tariferhöhungen das Geld für Investitionen fehle. «Firmen investieren heute schon in die Stromeffizienz. Für Investitionen braucht es eine gewisse Stetigkeit und Planungssicherheit.»

Im Herbst entscheidet die Aufsicht

Mittelfristig ist aber kaum mit sinkenden Tarifen zu rechnen, sodass Investitionen in die Stromeffizienz sich lohnen dürften. Ob es tatsächlich zu dem befürchteten Preishammer kommt, das zeigt sich im Herbst. Die Strommarktaufsicht Elcom muss die Tariferhöhungen noch genehmigen – oder aber an den Absender zurückweisen.

Echo der Zeit, 20.05.2022, 18 Uhr

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