Ferien für den kleinen Mann: Mit der Gründung des Reiseunternehmens Hotelplan wollte Migros-Vater Gottlieb Duttweiler 1935 das Fernweh der weniger gut betuchten Menschen in der Schweiz befriedigen. Gleichzeitig setzte sich «Dutti» zum Ziel, mit günstigen Pauschalreisen die durch die Weltwirtschaftskrise bedrängte Schweizer Hotellerie zu unterstützen. Fast 90 Jahre später steht die Migros-Tochter zum Verkauf. Grund genug für einen Blick auf ein Stück Schweizer Reisegeschichte.
Veloferien im Zweiten Weltkrieg
Nur wenige Monate nach der Gründung war am 1. Juni 1935 der erste Hotelplan-Sonderzug von Zürich nach Lugano unterwegs. 65 Franken kostete der einwöchige All-inclusive-Urlaub im Südkanton. Über 50'000 solcher Reisen wurden im ersten Jahr verkauft. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde der Aufschwung des Unternehmens jedoch jäh gebremst. Doch die Migros-Reiseleiter zeigen sich kreativ: Als in den 1940er-Jahren das Benzin rationiert und Bahnreisen eingeschränkt werden, startet man die Aktion «Ferien per Rad».
Mit dem «Badeferienexpress» nach Rimini
Mit dem Ende des Krieges zog das Geschäft wieder an und Hotelplan organisierte erste Auslandsreisen nach Mailand, Venedig, Florenz und an die Riviera. Die «Badeferienexpress»-Züge ab Zürich, Basel oder Bern wurden rege genutzt. Um den sonnenhungrigen Eidgenossen eine angemessene Bleibe anzubieten, wurde 1955 das erste Hotelplan-Feriendorf, der «Riviera Beach Club», in der Nähe des südfranzösischen Hyères eröffnet.
Umgekehrt versuchte man in den 1950er-Jahren vermehrt ausländische Touristen in die Schweiz zu locken. So baute Hotelplan 1950 einen Zubringerdienst für holländische und englische Gäste auf. Über 10'000 Reiselustige nutzten das Angebot im ersten Jahr. Mit dem Hotelplan-Expresszug reisten Touristen komfortabel von Den Haag nach Luzern.
So gediegen reiste man im Hotelplan-Express Den Haag-Luzern
Im Schwarz-Weiss-Zeitalter nach Japan
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann das Jet-Zeitalter: Angetrieben vom Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit zog es nun auch viele Schweizerinnen und Schweizer an Destinationen, die bis anhin allzu fern schienen. Und auch allzu teuer.
Hotelplan sprang auf den Reiseboom auf und bot ab 1958 auch Fernreisen nach Indien und Japan an. Gleichzeitig blieben die Mittelmeer-Destinationen in den kommenden Jahrzehnten ein Kerngeschäft: Für die Babyboomer wurden Sommerferien im Süden zum Fixpunkt im Kalender – und Hotelplan baute «Beach Clubs», Bungalowdörfer und Hotels von Südspanien über die Toskana bis nach Kreta.
Die Swissair groundet – Hotelplan steigt selbst in die Lüfte
Das Jahr 2001 erschütterte den Flugverkehr bis ins Mark: In New York brachten Dschihadisten die Twin Tower zum Einsturz und flogen ins Washingtoner Pentagon. In der Schweiz groundete die Swissair, vor der Landung in Zürich stürzte über Bassersdorf (ZH) eine Crossair-Maschine ab. Das Katastrophenjahr dämpfte auch in der Schweiz die Reiselust. Hotelplan reagierte auf die Widrigkeiten und bediente sich bei der Konkursmasse der Swissair: Zur Sicherung des eigenen Charterfluggeschäfts gründete das Unternehmen die Belair Airlines.
In jüngster Vergangenheit setzte die Corona-Pandemie Hotelplan zu. Filialen wurden geschlossen und Stellen abgebaut. Die Migros legt aber Wert darauf, dass der Verkauf der Nummer 2 der Schweizer Reisebranche nicht aus Not geschehe. Vielmehr passe Hotelplan nicht mehr zur Strategie. Und man sieht Duttweilers Mission erfüllt: Ferien für den kleinen Mann würden mittlerweile von vielen angeboten.