Was ist passiert? Gestern liess das Bundesverwaltungsgericht eine Bombe platzen. Die Richter erklärten die Abschreibung der AT1-Anleihen im Zuge der CS-Notfusion für unzulässig. Dieses Urteil hat weitreichende Folgen.
Was sind AT1-Anleihen? Die Additional-Tier-1-Anleihen gelten als besonders riskant. Banken geben sie aus, um ihr Eigenkapital zu stärken. Sie sind weder klassische Schulden noch reine Aktien, sondern eine Mischung aus beidem.
Wie funktionieren AT1-Anleihen?
- Ein Investor will Geld anlegen. Die Bank bietet ihm eine AT1-Anleihe mit acht Prozent Zinsen pro Jahr an. Das klingt verlockend – normale Anleihen bringen vielleicht nur drei Prozent. Also kauft der Investor eine AT1-Anleihe für 10'000 Franken. Jedes Jahr erhält er 800 Franken Zinsen.
- Doch ein paar Jahre später schreibt die Bank Verluste. Ihr Eigenkapital sinkt unter eine festgelegte Schwelle. Nun greifen die Regeln der AT1-Anleihe: Die Bank darf die Zinszahlungen aussetzen. Der Investor bekommt in diesem Jahr keine 800 Franken. Das steht so im Vertrag, den er unterschrieben hat.
- Die Lage spitzt sich weiter zu. Die Finanzmarktaufsicht Finma ordnet an: «Die Bank muss gerettet werden.» Jetzt greift die Umwandlungsklausel. Die Anleihe des Investors wird in Bankaktien umgewandelt. So wird aus den Anleihen Eigenkapital, das die Bank braucht, um Verluste auszugleichen. Oder die Anleihe verfällt – sie wird wertlos.
Was ist bei der CS passiert? Die AT1-Anleihen wurden auf Null abgeschrieben, um die Bank zu stabilisieren. Die Finma ordnete dies am 19. März 2023 an und berief sich auf Notrecht. Auf einen Schlag wurden Anleihen im Wert von über 16 Milliarden Franken wertlos. Die Gläubiger erlitten einen Totalverlust.
Wie haben die Kläger argumentiert? Die Abschreibung der AT1-Anleihen sei rechtswidrig, da kein echter «Viability-Event» vorlag – also kein rechtlich oder vertraglich festgelegter Notfall, der eine Abschreibung gerechtfertigt hätte.
Was hat das Gericht gesagt? Erstens stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die CS zum Zeitpunkt der Abschreibung die regulatorischen Kapitalvorgaben erfüllte und sich nicht in einem Zustand befand, der einen «Viability-Event» gemäss Vertragsbedingungen rechtfertigte. Zweitens seien sowohl die Notverordnung als auch die zitierten Gesetze (Bankengesetz, Finanzmarktaufsichtsgesetz) zu unklar oder unzureichend, um einen derart starken Eingriff in Eigentumsrechte ohne eindeutige gesetzliche Grundlage zu rechtfertigen. Damit gab das Gericht den Gläubigern in den zentralen Punkten recht.
Welche Konsequenzen hat das Urteil? Die Finma hat Berufung beim Bundesgericht eingelegt. Viele Fragen bleiben offen: Sollte das Bundesgericht die Abschreibung für illegal erklären, müsste die UBS als Rechtsnachfolgerin die Gläubiger entschädigen. Doch in welcher Höhe? Würde die UBS den Bund in die Verantwortung ziehen, falls es zu einer Entschädigung käme? Schliesslich hatte die Finma die Abschreibung angeordnet.
Was sagt die Finma? Inhaltlich nichts. Nur, dass sie den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zur Kenntnis nehme. Vom Finanzdepartement EFD hiess es zusätzlich: «Wir weisen darauf hin, dass der Bund beziehungsweise das EFD in dem Verfahren nicht Partei ist.» Auch die UBS schweigt.