Die Coronakrise hinterlässt Millionenschäden in der Schweizer Spitallandschaft. «ECO» hat bei 5 Universitätsspitälern und 25 Zentrumsversorgern nachgefragt, wie stark die Pandemie das Budget konkret belastet.
Von den befragten 30 Spitälern konnte die Hälfte bereits konkrete Angaben machen. Sie allein kommen auf rund 700 Millionen Franken an Ertragsausfällen und Mehrkosten. Faktisch dürfte dieser Betrag bis zum Jahresende noch ansteigen.
Ertragsausfälle und Mehrkosten
Auf Verordnung vom Bund mussten alle nicht dringlichen Eingriffe vom 16. März bis zum 27. April abgesagt werden. Für die Spitäler bedeutete dies, dass ein Grossteil der für sie lukrativen Behandlungen wegfiel.
Allein beim Universitätsspital Zürich gingen die stationären und ambulanten Behandlungen während dieser Zeit auf rund die Hälfte zurück.
Bis jetzt sind bereits Zusatzkosten im Wert von 1.5 Millionen Franken entstanden. Bis Ende Jahr werden sie noch höher sein
Dazu kommt, dass die Coronakrise für die Spitäler zu hohen Mehrkosten geführt hat. Sie mussten grosse Kapazitäten aufbauen und hatten Infrastruktur- und Materialkosten.
Anton Schmid, Geschäftsleiter beim Spital Emmental sagt: «Am Standort Burgdorf haben wir eine zusätzliche Intensivbettenstation aufgebaut. Personal musste umgeschult und Geräte mussten umfunktioniert werden. Bis jetzt sind bereits Zusatzkosten im Wert von 1.5 Millionen Franken entstanden. Bis Ende Jahr werden sie noch höher sein.»
Die Ertragsausfälle wegen des Behandlungsverbots belasten das Budget um weitere 6 Millionen Franken.
Aufholen nur beschränkt möglich
Seit Anfang Mai gehen die Patientinnen und Patienten wieder vermehrt ins Spital, doch die Anspannung bleibt bestehen. Das Universitätsspital in Lausanne verzeichnet im Mai zwar bereits wieder eine Auslastung von 80 Prozent.
Damit jedoch die Mindereinnahmen und Mehrausgaben von März und April ausgeglichen werden könnten, müsste das Spital während den Monaten Mai bis Dezember über zehn Prozent mehr Behandlungen durchführen als üblich.
Beim Kantonsspital Nidwalden ist man überzeugt, dass die Ertragsausfälle bis Ende 2020 nur sehr beschränkt aufgeholt werden können. Denn im Herbst und Winter sind die Spitäler in der Regel sowieso sehr gut ausgelastet.
Nachholoperationen vom Frühjahr könnten dann aus Ressourcengründen gar nicht durchgeführt werden.
Wie weiter?
Wie sich die finanzielle Situation der Spitäler bis Ende Jahr entwickelt, hängt auch von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab. Eine zweite Welle hätte nochmals erhebliche Folgen.
Damit die Spitäler in diesem Fall finanziell besser dastünden als bei der ersten Welle, sieht Anton Schmid vom Spital Emmental bei den Tarifen Verbesserungspotenzial: «Ich wäre sehr froh, wenn im stationären Bereich schnell ein DRG, also eine diagnosebezogene Fallgruppe, entwickelt würde, mit dem Covid-Patienten kostendeckend und schnell abgerechnet werden können. Im ambulanten Bereich wäre eine Erhöhung des Taxpunktwerts um ein paar Rappen sehr hilfreich, das würde auch den Hausärzten helfen.»
Wer am Ende für die Ertragsausfälle und Mehrkosten der Spitäler aufkommen soll, ist in den meisten Kantonen noch alles andere als klar. Momentan laufen vielerorts intensive Diskussionen. Auch der Bund und die Krankenkassen sind daran beteiligt.