«Wir sind dort, wo unsere Kunden sind» oder «wir sind die persönlichste Versicherung der Schweiz», so steht es im Leitbild der Mobiliar. Sie gibt sich als kundennahe Versicherung, die individuelle Lösungen für ihre Kunden anbietet. Dass die Mobiliar ihre Kunden als Genossenschafter, also als Miteigner, mit im Boot hat, unterstreicht diese Kundennähe. Die Strategie geht in der analogen Welt auf, das Unternehmen ist erfolgreich und gehört in der Schweiz zu den grössten Sach-Versicherern.
Doch die neue, digitale Welt bereitet der Mobiliar Kopfschmerzen. Hier fehlt dem Traditionshaus offenbar genügend Expertise. Und so handelt ihr Chef Markus Hongler nun nach dem Motto: Digitalisierung jetzt – um jeden Preis. Von Aussen betrachtet könnte man zugespitzt auch sagen, bei der Versicherung scheint so etwas wie eine digitale Torschluss-Panik ausgebrochen zu sein. Anders kann man sich kaum erklären, weshalb sie einen vermutlich hohen dreistelligen Millionenbetrag in die Hand nimmt, in der Hoffnung, vom digitalen Wissen bei Ringier profitieren zu können. Wissen, dass sich das Medienhaus notabene mehrheitlich zugekauft hat.
Die Mobiliar will an die Hand genommen werden
Die Mobiliar ist absoluter Profi in der analogen Geschäftswelt, fühlt sich offensichtlich aber unsicher, wie sie sich in der neuen digitalen Welt aufstellen soll. Sie will bei ihrer Transformation an die Hand genommen werden und hat dafür ihre gute Freundin Ringier ausgewählt. Mit ihr hat die Mobiliar erste positive Erfahrungen bei der Kooperation Scout24 gesammelt und wohl so einige Male gestaunt, was mit Big Data, künstlicher Intelligenz und neuen digitalen Prozessen alles möglich ist. Und wenn ein redegewandter Journalist wie Ringier-Chef Marc Walder von der «Spitzentechnologie» seines Medienhauses schwärmt, scheint diese unbezahlbar zu sein. Ein Narr, wer die Chance einer engen Zusammenarbeit nicht packt.
Die Mobiliar wagt dieses Experiment nun, verpflichtet sich vorerst, «mindestens 10 Jahre» an Ringier beteiligt zu bleiben. Spätestens dann wird Bilanz gezogen und die Frage zu beantworten sein: Hat sich diese hohe Investition entgegen vieler Expertenmeinungen gelohnt? Auch die rund 1.7 Millionen Genossenschafter werden dann ganz genau hinschauen.
Tagesschau 19:30 Uhr, 03.02.2020