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Möglichst wenige Ressourcen Studie zeigt: Kreislaufwirtschaft bleibt mehr Theorie als Praxis

Mehr Schweizer Unternehmen verankern Kreislaufwirtschaft in ihrer Strategie. Aber die wenigsten setzen sie um.

Tobias Stucki ist gleichzeitig positiv und negativ überrascht. Er hat für die Berner Fachhochschule gemeinsam mit Martin Wörter von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) eine Befragung bei Schweizer Unternehmen zum Thema Kreislaufwirtschaft durchgeführt. Von 10'000 befragten Firmen haben 2501 geantwortet, mit folgendem Ergebnis:

  • 27 Prozent der Firmen haben Kreislaufwirtschaft im Geschäftsmodell verankert. Das ist mehr als eine Verdoppelung seit 2020.
  • 10 Prozent setzen sie im grossen Stil um (das heisst, indem sie mindestens zehn Aktivitäten unternehmen). Das ist kaum mehr als 2020 (8 Prozent).
  • 15 Prozent der Unternehmen erzielen mehr als 10 Prozent ihres Umsatzes mit zirkulären Produkten. Das ist wenig mehr als 2020 (12 Prozent).

«Die Umsetzung von Kreislaufwirtschaft ist für viele Unternehmen Neuland», begründet Tobias Stucki die langsamen Fortschritte. Er ist Co-Leiter des Instituts für Sustainable Business an der Berner Fachhochschule und hat die Studie mitverfasst. Aktuell fehle häufig das Wissen. Das müsse erst aufgebaut werden. Und: «Es braucht auch Investitionen, es braucht Kapital. Auch das fehlt häufig.»

Was ist Kreislaufwirtschaft?

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Pflänzchen auf Hand.
Legende: Möglichst wenige Ressourcen verbrauchen, zum Wohle des Planeten – das ist Kreislaufwirtschaft. Imago / Imagebroker

Die Studie definiert Kreislaufwirtschaft wie folgt: «Ziel der Kreislaufwirtschaft ist die Gestaltung eines Systems, in dem die Menge der benötigten Ressourcen klein gehalten wird. Diejenigen Ressourcen, die genutzt werden, sollen wiederkehrend genutzt und in möglichst geschlossenen Kreisläufen verwendet werden. Güter und Dienstleistungen werden mit erneuerbarer Energie produziert und sind aus Materialien hergestellt, die eine sichere Entsorgung der unvermeidlichen Abfälle gewährleisten.»

Kreislaufwirtschaft ist seit 2025 auf Bundesebene verankert: Mit der Teilrevision des Umweltschutzgesetzes wurde die Kreislaufwirtschaft ins Gesetz aufgenommen. Auch mehrere Kantone wie Bern, Zürich oder Basel-Stadt haben Kreislaufwirtschaftsstrategien verabschiedet oder setzen Teile davon um.

Zur Studie

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Der «Statusbericht der Schweizer Kreislaufwirtschaft» erscheint zum zweiten Mal. Bereits vor vier Jahren sind Unternehmen befragt worden. Indem das KOF-Unternehmenspanel zum Einsatz gekommen sei, ergebe sich für die Schweiz ein repräsentatives und differenziertes Bild der Verbreitung zirkulärer Aktivitäten in den Unternehmen, heisst es in der Studie. Finanziell unterstützt wurde sie vom Bundesamt für Umwelt, dem Staatssekretariat für Wirtschaft und den Kantonen Aargau, Basel-Stadt, Bern und Zürich.

In Basel etwa hat die Stimmbevölkerung vor drei Jahren «Basel 2037» angenommen. Bis zu dem Jahr will der Stadtkanton das Netto-Null-Ziel erreichen. Mehrere Programme wie «Basel Circular» oder neu «Basel 2037» sollen die Umsetzung fördern. Zweiteres richtet sich explizit an KMU.

Wenn die öffentliche Hand unterstütze, sei das begrüssenswert, findet Studien-Mitautor Tobias Stucki. Die Herausforderung sei aber: «Wie viel Wissen kann man von aussen in ein Unternehmen einbringen, und wie viel Wissen muss man intern aufbauen? Bis jetzt weiss man, dass man auch intern einen gewissen Wissensstock haben muss, um in der Kreislaufwirtschaft erfolgreich sein zu können.»

Was die Studie von Berner Fachhochschule und KOF auch zeigt: Je kleiner das Unternehmen, desto schwerer tut es sich mit Kreislaufwirtschaft. Unternehmen mit weniger als 50 Angestellten haben erst zu 23 Prozent Kreislaufwirtschaft strategisch verankert, grosse Unternehmen hingegen zu 54 Prozent. Je grösser das Unternehmen, desto eher verfügt es über Nachhaltigkeitsbeauftragte oder ganze Abteilungen, die sich mit einem Nachhaltigkeitsbericht befassen.

Tobias Stucki befürchtet, dass Kreislaufwirtschaft zurzeit nicht weit oben auf der Agenda vieler Unternehmen stehen könnte. Schuld sei die geopolitische Lage. Anders gesagt: Es gibt derzeit viele andere Feuer zu löschen.

10vor10, 1.9.2025, 21:50 Uhr; sten

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