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Nachhaltigkeit im Detailhandel Wo der Öko-Riese Coop nicht ganz so grün erscheint

Coop gilt als fortschrittlich und nützt sein grünes Image geschickt aus. Doch es gibt durchaus widersprüchliche Aspekte.

Die Bio-Eier von freilaufenden Hühnern sind eines von über 4'000 Bio-Produkten, die Coop in seinen Läden verkauft. Auf dieses umfangreiche Sortiment ist Coop-Chef Joos Sutter stolz: «Coop hat die ökologische Entwicklung in der Schweiz sehr geprägt, insbesondere bei den Produkten.»

Dem pflichtet die Umweltschutzorganisation WWF bei. Damian Oettli, Leiter Konsum beim WWF: «Die Bilanz ist wirklich sehr grün. Coop gehört zu den Vorreitern in der Branche.»

Und Coop schlachtet dieses Image auch marketingmässig voll zu seinen Gunsten aus. Und zwar selbst dann, wenn es gesetzliche Auflagen sind, denen sich der Konzern beugen musste: Das zeigt das Beispiel der 5 Rappen-Gebühr für Plastiksäcke: «Unsere Kunden verbrauchen dank dem kleinen Betrag von 5 Rappen pro Säckli deutlich weniger Taschen», schreibt Coop in seinem Nachhaltigkeitsprogramm. Allerdings hat sich Coop vor der Einführung dieser Gebühr noch vehement gewehrt: Sie bringe keine ökologischen Vorteile und führe auch nicht zu weniger Abfall, so die damalige Argumentation.

Grün – mit verschiedenen Kehrseiten

Und auch in anderen Bereichen zeigt Coop noch ein zweites Gesicht. Zwiespältig ist das Bild etwa beim Klimaschutz: Coop investiert aktuell in neue Wasserstoff-Tankstellen und spricht sich für das neue CO2-Gesetz aus, das im Juni zur Abstimmung kommt. Andererseits wehrt sich die Mineralöl AG gegen das CO2-Gesetz. Die Firma betreibt Tankstellen und liefert Heizöl.

Brisant daran ist, dass die Mineralöl AG ein Tochterunternehmen von Coop ist. Konfrontiert mit diesen gegensätzlichen Positionen innerhalb des Konzerns, meint Coop-Chef Joos Sutter, es sei verständlich, dass die Tankstellenbetreiber, die für tausende Mitarbeiter verantwortlich seien, hier mit einer Stimme sprechen. Und: «Sie hinterfragen (in dieser Sache) nicht das Ziel, aber den Weg.»

Gleich ist die Situation übrigens auch bei der Konkurrenz: Die Migros ist für das CO2-Gesetz, die Tochterfirma Migrol gegen das neue CO2-Gesetz.

Zurück zum Kerngeschäft von Coop – auch da zeigt sich das andere Gesicht von Coop: Der Detailhändler deckt alle Kundensegmente ab und hat deshalb nebst teureren Bio-Produkten, auch günstigere Artikel der Prix-Garantie-Linie im Sortiment. Und diese Produkte seien ebenfalls gefragt, so Joos Sutter: «Wir haben ja Prix Garantie mit 420 Artikeln ausgebaut, jetzt haben wir total 1300 Produkte. Und die haben wirklich auch sehr gut funktioniert.»

Das Ei in der Prix Garantie-Linie stammt dann allerdings nicht vom Biohof, sondern mitunter von einem Eier-Produzenten aus dem Ausland.

WWF: «Es geht uns um das ganze Sortiment»

Gerade bei diesen günstigen Lebensmitteln setzt die Kritik der Umwelt- und Tierschutzorganisationen ein. Damian Oettli von WWF stellt fest: «Es geht darum, das gesamte Sortiment auf einen guten Standard anzuheben.» Konkret sieht der WWF etwa Handlungsbedarf im Bereich der Futtermittel, die hierzulande an Kühe oder Hühner verfüttert werden.

Allerdings ist sich auch der WWF bewusst, dass es im globalen Nahrungsmittelgeschäft keine leichte Aufgabe ist, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Und Coop wiederum betont, dass sie auch bei den günstigen Lebensmitteln bestrebt seien, den Konsum nachhaltiger zu machen.

Rendez-Vous, 26.02.2021, 12.30 Uhr

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