Beim Weltpostverein, der seinen Sitz in Bern hat, herrscht Erleichterung: Gestern Abend haben sich die Delegierten der 192 Mitgliedstaaten auf einen neuen Tarifrahmen geeinigt. Doch die getroffene Lösung ist vor allem ein Kniefall vor den USA.
Wer als Land sehr viele Briefe und Pakete unter zwei Kilogramm importiert, der darf in Zukunft die Transport-Gebühren für ausländische Absender eigenmächtig erhöhen. Wer als Land wenig Pakete kriegt, bei dem bleibt – vermutlich – das meiste beim Alten. Das ist das Fazit des Kompromisses, der gestern Abend in Genf an der Konferenz des Weltpostvereins getroffen wurde. An den Details wird allerdings noch gefeilt. Und vieles wird bilateral entschieden werden.
Internet-Einkauf wird teurer
Was schon klar ist: Von der neuen Lösung profitieren erst einmal die grossen Länder – allen voran die USA. Denn wer mehr als 75'000 Tonnen Kleinpakete aus dem Ausland erhält, darf bereits ab Juli 2020 von einem Absenderland höhere Preise verlangen für den Transport der ausländischen Pakete auf eigenem Boden. Die USA erreichen diese Schwelle bereits heute. Die US-Post darf damit schon bald die Gebühren erhöhen, die sie zum Beispiel der chinesischen Post verrechnet. Weil Gebühren letztlich auf die Endkonsumenten überwälzt werden, wird der Internet-Einkauf in Asien für amerikanische Konsumenten teurer. Genau das wollte die US-Regierung: Die Amerikaner ermutigen, weniger in China und mehr zuhause zu shoppen.
Kniefall vor den USA
Für den Geschäftsführer des Verbandes des Schweizerischen Versandhandels, Patrick Kessler, ist die getroffene Lösung denn auch ein Kniefall vor den USA. Bei der Schweizerischen Post analysiert man momentan, wie sich das neue Regime – soweit bekannt – auf die Post und Konsumenten auswirken wird. Sicher ist: Die Schweiz erreicht die 75'000 Tonnen nicht.
Dass man sich in Genf geeinigt hat, ist nichtsdestotrotz als Erfolg zu werten – Kniefall hin oder her: Denn ein Auseinanderbrechen des Weltpostvereins wäre verheerend gewesen: Der Verbund der nationalen Postorganisationen sorgt dafür, dass Pakete bis zu zwei Kilogramm reibungslos über Landesgrenzen transportiert werden, in alle Ecken der Welt.