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Thomas Jordan
Legende: Thomas Jordan ist seit 2012 Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Reuters

Normalisierung der Geldpolitik «Es ist im Interesse aller, nicht allzu lange zu warten»

Die Weltwirtschaft zieht an. Davon profitiert auch die Schweiz, sagt SNB-Präsident Thomas Jordan am IWF-Treffen in Washington. Doch die Zinsen bleiben tief.

SRF News: Haben Sie die Chefin der US-Notenbank, Janet Yellen, getroffen?

Thomas Jordan: Ich habe Janet Yellen im Vorfeld getroffen. Wir hatten ein längeres Gespräch über die Wirtschaftspolitik und die Situation in den USA.

Ist sie angesichts der amerikanischen Wirtschaftspolitik besorgt?

Nein, es läuft ja sehr gut. Das Wachstum liegt bei über zwei Prozent. Die Inflation ist tief. Janet Yellen hat also eine gute wirtschaftliche Situation vor sich.

Waren die Unklarheiten bezüglich der geplanten Steuerreform ein Thema?

Selbstverständlich. Wir haben auch die Risiken diskutiert. Es gibt etwas Unsicherheit, wohin die Wirtschaftspolitik hinsteuert. Doch die US-Wirtschaft ist in einem guten Zustand. Man sieht es bei der Arbeitslosigkeit, man sieht es zunehmend auch bei den Investitionen und generell an der guten Stimmung.

Laut dem IWF sieht es für die Weltwirtschaft positiv aus. Trotzdem sollen die Notenbanken die Geldschleusen offenlassen. Finden Sie das gut?

Es gibt verschiedene Aspekte, die man hier beachten muss. Auf der einen Seite kann die Geldpolitik immer noch unterstützend wirken. Das ist in einigen Regionen noch nötig. Auf der anderen Seite muss man auch die Risiken im Auge behalten – etwa dort, wo die Verschuldung stark zunimmt und Strukturreformen nicht an die Hand genommen werden. In diesen Fällen ist es wichtig – nicht nur für die Zentralbank, sondern auch für die Regierungen – zu prüfen, welche Massnahmen ergriffen werden müssen, damit das Potenzialwachstum (langfristig mögliches Wachstum einer Volkswirtschaft pro Jahr bei normaler Auslastung, Anm. d. Red.) erhöht wird und die Verschuldung nicht einfach weiter ansteigt.

Man muss dort, wo die Verschuldung stark zunimmt und Strukturreformen nicht an die Hand genommen werden, die Risiken im Auge behalten.

Wäre es angesichts der steigenden Risiken nicht sinnvoller, aus der expansiven Geldpolitik auszusteigen?

Wenn man damit beginnt, ist es wichtig, dass der Ausstieg graduell erfolgt. Die Märkte sollen merken, dass die Geldpolitik sich verändert und es in Richtung Normalisierung geht. Es ist im Interesse aller, dass nicht allzu lange gewartet wird. Das gilt für grosse Räume. Für die Schweiz ist die Situation etwas anders.

Auch die Wirtschaft in der Eurozone läuft gut. Der Chef der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, sagt, es sei Zeit für eine Normalisierung…

Ich kommentiere die Geldpolitik der EZB nicht. Aber man kann feststellen, dass die Eurozone in einer viel besseren Verfassung ist als noch vor einem oder zwei Jahren. Das führt dazu, dass eine Diskussion über eine Normalisierung beginnt. Wir in der Schweiz profitieren von der guten Wirtschaftslage. Wir würden aber auch davon profitieren, wenn sich die globale Geldpolitik normalisieren würde.

Es zeichnet sich noch keine Veränderung ab. Was heisst das für die SNB?

Unsere Geldpolitik bleibt unverändert. Wir haben zwei Säulen: die Negativzinsen und die Bereitschaft, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren. Diese beiden Säulen bleiben sehr wichtig. Wir wollen damit den Druck auf den Franken reduzieren. Dieser hat sich etwas abgeschwächt. Aber die Lage am Devisenmarkt bleibt fragil. Darum ist es wichtig, dass wir unsere Geldpolitik weiterführen.

Das Gespräch führte Maren Peters.

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