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Was bringt personalisierte Werbung wirklich?
Aus Espresso vom 24.02.2021. Bild: Screenshot Google
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Online-Werbung Zweifel am Geschäftsmodell von Google und Facebook

Werbung im Internet soll viel besser funktionieren als in traditionellen Medien. Es gibt gute Gründe, daran zu zweifeln.

Vor einigen Tagen veröffentlichten Google und Facebook ihre Quartalszahlen. Beide konnten den Umsatz wieder steigern, beide gehören zu den wertvollsten Unternehmen der Welt und beide verdienen ihr Geld vor allem mit Online-Werbung.

Dank den Daten, die sie unablässig über uns sammeln, versprechen sie Werbern eine zielgenaue Ansprache: Wer weiss, welche Vorlieben und Interessen eine Person hat, kann sie leichter von einer Marke überzeugen oder sogar zu einem Kaufentscheid führen – so das Versprechen.

Ein Bankautomat mit Facebook-Logo
Legende: Bei Facebook machen die Einnahmen aus Online-Werbung weit über 90 Prozent des gesamten Umsatzes aus. Bei Google sind es deutlich über 80 Prozent. imago images

Doch es gibt Zweifel, ob Online-Werbung tatsächlich so effektiv ist wie behauptet. Anekdotisches Beispiel: 2017 strich der Konsumgüter-Konzern Procter&Gamble seine Ausgaben für digitale Werbung um gut 200 Millionen Dollar. Stattdessen investierte er das Geld in traditionelle Kanäle wie Fernsehen oder Radio – und konnte die Reichweite seiner Kampagnen trotzdem um 10 Prozent steigern.

Nur noch jeder 200ste klickt

Ein prominenter Kritiker der Online-Werbung ist Tim Hwang, selbst ehemaliger Google-Angestellter. In seinem Buch «Subprime Attention Crisis» beschreibt er Online-Werbung als undurchsichtiges Geschäft, getrieben von falschen Versprechen und übertriebenen Erwartungen.

Auch in der Schweiz gibt es Zweifler. So sagt etwa der Kommunikationsberater René Zeyer, der wirtschaftliche Nutzen von Online-Werbung sei für den Auftraggeber nicht bewiesen: «Sicher ist nur, dass sich die beiden Giganten Facebook und Google dumm und dämlich daran verdienen.»

Tim Hwang währen einem Auftritt am WEF in Davos 2018.
Legende: Tim Hwang kritisiert in seinem Buch «Subprime Attention Crisis» das Geschäft mit der Online-Werbung als Blase, deren Platzen ähnliche Folgen haben könnte wie das Platzen der Immobilienblase 2007 hatte. Wikimedia

Ein Problem: Die meiste Online-Werbung wird gar nicht erst gesehen. Google musste in einer Studie feststellen, dass fast 60 Prozent aller Anzeigen unbeachtet bleiben, weil sie weit, weit unten auf einer Webseite platziert sind. Und wird eine Anzeige gesehen, dann klickt trotzdem fast niemand darauf. Das erste Werbebanner von 1994 hatte noch eine Klickrate von 44 Prozent – jeder zweite wollte sehen, was sich dahinter verbirgt. Heute liegt der Wert bei etwa 0,5 Prozent – nur noch jede zweihundertste klickt.

Online-Werbung wirkt – aber welche?

Dazu kommen immer häufiger betrügerische Bots – Programme, die von alleine Werbung klicken und so menschliches Engagement vortäuschen oder Zwischenhändler, die vorgeblich attraktive Werbeplätze verkaufen, die Anzeigen dann aber auf völlig unbeachteten Webseiten ausspielen. Laut einer Studie der Marktforscher Juniper Research soll solcher Werbebetrug bis im Jahr 2022 Schäden von 44 Milliarden Dollar anrichten – rund 10 Prozent aller Werbeausgaben im Internet.

All diese Probleme sind in der Branche bekannt. Doch Tobias Zehnder, Mit-Gründer von Webrepublic, einer der grössten digitalen Werbeagenturen der Schweiz, will nicht alle Online-Werbeformen in einen Topf werfen. In den meisten Fällen sei das Geschäft ehrlich und transparent. Betrügerische Machenschaften könnten dort ein Problem sein, wo Käufer und Verkäufer von Werbung nicht direkt miteinander verhandeln, sondern Anzeigeplätze auf Plattformen von Computern gehandelt werden.

Dass Online-Werbung unter den richtigen Umständen und zum richtigen Zeitpunkt wirken kann, daran zweifeln nicht einmal ihre grössten Kritiker. Doch es stellt sich dasselbe Problem, das Ende des 19. Jahrhunderts schon John Wanamaker hatte, der Erfinder der modernen Werbung: «Die Hälfte des Geldes, das ich für Werbung ausgebe, ist verschwendet», soll Wanamaker gesagt haben. «Leider weiss ich nicht, welche Hälfte.»

Echo der Zeit, 11.2.21, 18 Uhr

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