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Post schliesst 170 Filialen Die Post strapaziert erneut die Gunst von Kunden und Politik

Der gelbe Riese soll weiter schrumpfen – so die Strategie der Post-Spitze. Sie pflügt erneut ihr Filialnetz um und macht damit eigene, frühere Beteuerungen zu Makulatur. Bislang galt die Ansage: Die Zahl der Filialen im ganzen Land soll bei etwa 800 bleiben. Laut dem letzten Geschäftsbericht gab es per Ende 2023 noch 769 Postfilialen. Nun sollen weiter 170 verschwinden. Also rund jeder fünfte Standort.

Das ist ein überraschend tiefer Einschnitt und dieses Vorgehen kratzt an der Glaubwürdigkeit der Post-Spitze rund um Konzernchef Roberto Cirillo. Und dies ausgerechnet im Jahr, in dem die Post ihr 175-jähriges Bestehen feiert.

«Dienstleistungszentren» als Vision

Der Abbau von Filialen war während Jahren ein grosses Politikum, die Diskussionen und Empörungen beruhigten sich aber zuletzt. Nun facht sie die Post mit diesem Schritt wieder an.

In den vergangenen Monaten fiel die Post durch diverse Ankündigungen auf, wie sie das Filialgeschäft beleben will. Sie vertickt heute an ihren Schaltern auch Versicherungen, Krankenkassenverträge oder Handy-Abos unter eigenem Namen. Nichts, was es nicht schon andernorts gäbe.

Daran hält die Post fest, ja will ihre Filialen sogar in «Dienstleistungszentren» verwandeln. Wer heute eine Filiale besucht, spürt davon schon etwas. Wer Briefmarken kauft, muss damit rechnen, auch über Handy-Abos sprechen zu müssen, weil die Post-Mitarbeitenden angehalten sind, den Verkauf zu pushen. Das kommt nicht immer gut an.

Vorgehen schürt eher Zweifel als Vertrauen

Die Post begründet den neuerlichen Filialkahlschlag damit, dass die Kundenfrequenz in den letzten vier Jahren stärker als erwartet abgenommen habe. Da stellt sich sofort die Frage, wie mit weniger Frequenz in den Filialen der Wiederverkauf von anderen Dienstleistungen wie Versicherungen oder Handy-Abos überhaupt zu einem guten Ertragspfeiler werden soll.

Alles in allem entsteht der Eindruck, als ob der gelbe Riese nach wie vor auf der Suche ist nach seiner neuen Identität in digitalisierten Zeiten. Obschon diese wahrlich nicht erst seit gestern Realität sind. Und das schürt in der Öffentlichkeit erst recht eher Zweifel als Vertrauen in die Strategie der Post-Spitze.

Matthias Pfander

Co-Leiter Wirtschaftsredaktion

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Matthias Pfander ist seit über 20 Jahren im Wirtschaftsjournalismus tätig, seit Mitte 2017 als Reporter und Planer für die Wirtschaftsredaktion von SRF TV. Zuvor arbeitete er unter anderem für den «Tages-Anzeiger» und die «Blick»-Gruppe.

SRF 4 News, 29.05.24, 8 Uhr

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