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Probleme im Rentenalter Konkubinat als Rentenfalle für Mütter

Kein Trauschein und gemeinsame Kinder – das Konkubinat ist beliebt. Bei einer Trennung droht meist der Frau eine Vorsorgelücke. Die Politik hat das Problem erkannt.

Unverheiratet zusammen leben und gemeinsam Kinder haben: Diese Familienform gibt es immer häufiger. Gerade für Frauen kann sie im Rentenalter zum Problem werden. Das zeigt eine neue Studie im Auftrag des Lebensversicherers Swiss Life.

Die Studie spricht von einem Konkubinats-Boom. Die Zahlen hätten sich in den letzten Jahren quasi verdoppelt, erklärt Studienleiter Andreas Christen: «2010 war erst jedes zehnte Paar mit Kind unter 5 Jahre unverheiratet – inzwischen ist es jedes fünfte.»

Pensumsreduktion mit Folgen

Das Konkubinat mit Kindern entspricht vielen, gerade jungen, Menschen. Oft sind zunächst beide voll erwerbstätig; aber wenn dann ein Kind da ist, reduziert vor allem die Mutter ihr Pensum. Mit Folgen: «Nehmen wir an, das Paar lebt 10 Jahre zusammen. Er arbeitet Vollzeit, sie 60 Prozent und kümmert sich den Rest der Zeit vor allem um die Kinder. Dann kommt es zur Trennung.»

Nun gibt es zwei Szenarien:

  • Szenario 1: Das Paar ist verheiratet und lässt sich scheiden. Das Angesparte fürs Alter bei der AHV und vor allem bei der Pensionskasse wird hälftig geteilt.
  • Szenario 2: Das Paar ist unverheiratet und trennt sich. Da kommt es zu keiner Aufteilung. Sie hat jedoch viel weniger Altersvorsorge als er. Vor allem, was das Pensionskassenguthaben anbelangt.

Diese Vorsorgelücke vieler Frauen wird zunehmend als stossend empfunden. Zumal die Frau ja nicht nichts gemacht hat. Sie hat dem Partner den Rücken freigehalten und die gemeinsamen Kinder grossgezogen. Und unter Umständen hat sie auch eigene berufliche Ambitionen zurückgestellt.

Politik sieht Handlungsbedarf

Verschiedene Vorschläge liegen auf dem Tisch, um das Problem anzugehen. So prüft der Bundesrat, ob bei der beruflichen Vorsorge nicht ein Systemwechsel angezeigt wäre. Man könnte zum Beispiel das Aufteilen der Pensionskassenbeiträge nicht an den Zivilstand knüpfen, sondern an gemeinsame Kinder. Ab dem ersten gemeinsamen Kind kämen die ersparten Guthaben in einen Topf und würden hälftig geteilt.

Viele Fachleute halten wenig von diesem Modell. Es sei kaum umsetzbar. Zu viele Pensionskassen wären involviert, weil Leute ihre Jobs wechseln. Ausserdem haben viele mit verschiedenen Partnern Kinder. Der administrative Aufwand wäre immens.

Eine andere Idee kommt von der Ökonomin und emeritierten Wirtschaftsprofessorin der Universität Zürich, Margit Osterloh. Sie propagiert eine Art Kompensationsvereinbarung: ein Vertrag, den Mann und Frau abschliessen, bevor Kinder kommen.

Meist reduzieren die Mütter ihr Pensum, so Osterloh. «In der Vereinbarung müsste drinstehen, dass, sobald die Mutter ihr Arbeitsengagement reduziert, sie bei einer Trennung einen angemessenen Ausgleich kriegt.» Damit sie finanziell nicht schlechter dasteht als er – egal ob die beiden verheiratet waren oder nicht.

Ein Paar sitzt mit einem Kind bei einem Sandkasten auf einem Spielplatz.
Legende: Ökonomin Osterloh schlägt den Abschluss einer Kompensationsvereinbarung vor – bevor das Paar Kinder hat. Keystone/Petra Orosz

Aber auch bei diesem Modell stellen sich Fragen, denn es beruht auf Freiwilligkeit. Auch denken viele Leute zu Beginn einer Beziehung nicht gleich ans Scheitern. Hart ausgehandelte Kompensationsverträge für den Fall der Fälle dürften für viele eine Hürde darstellen.

Nichtsdestotrotz: Der Fall der Fälle trifft häufiger ein, als man denkt. Hier Vorkehrungen zu treffen, wäre vernünftig – sei es auf private Initiative oder durch neue Modelle bei der Altersvorsorge. Damit der Entscheid für eine Familie nicht zur Rentenfalle für Frauen wird.

Rendez-vous, 29.11.2023, 12:30 Uhr

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