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Produktionsstandort China Doppelt so viel Lohn wie vor fünf Jahren – und immer noch wenig

Das Reich der Mitte gilt als Produktionsstandort der Zukunft. Doch es gibt noch günstigere Länder.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Produktion in China ist immer noch sehr günstig, hat sich aber verdoppelt.
  • Wer nur auf die Kosten schaut, wendet sich anderen asiatischen Ländern zu.

Jahrelang galt China als Eldorado, als riesiger Absatzmarkt, vor allem aber auch als billiger Produktionsstandort. Doch die Zeiten ändern sich. Auch die chinesische Volkswirtschaft entwickelt sich.

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Der Dienstleistungssektor wächst, die Löhne steigen. Das sorge für Ernüchterung bei einzelnen Unternehmen, sagt Alberto Silini von der Export-Förder-Organisation Switzerland Global Enterprise. «Es sind Unternehmen, die primär auf den Kostenfaktor gesetzt haben. Das sind Firmen, die Massenprodukte herstellen oder tiefere Ansprüche an Produkte stellen.»

Rentiert sich die Produktion in China noch?

Die chinesischen Unternehmen haben in den letzten zehn Jahren technologisch aufgeholt und stehen nun zum Teil in direkter Konkurrenz zu ausländischen Firmen. Manche Unternehmen müssen deshalb über die Bücher und klären, ob sich die billige Massenproduktion in China überhaupt noch rechnet.

Es gibt andere asiatische Standorte, die zum Produzieren attraktiver sind.

«Ich denke, dass die eine oder andere Firma durch diesen steigenden Lohnkosteneffekt in den letzten Jahren, die eigene Strategie überarbeiten musste. Es gibt andere asiatische Standorte, die – wenn man nur die Kosten anschaut – zum Produzieren attraktiver sind. Gemeint sind beispielsweise Vietnam oder Kambodscha.

Immer noch günstig

Auch die Zürcher Industriegruppe Dormakaba, die auf dem Gebiet der Zutritts- und Sicherheitstechnik tätig ist, hat wegen der steigenden Kosten bereits Produktionsteile verlagert.

Dormakaba-Chef Riet Cadonau relativiert aber: «Vor fünf Jahren hat ein Fabrikarbeiter ungefähr 150 Dollar pro Monat verdient. Heute ist es ungefähr das Doppelte. Das ist immer noch weit weg von westlichen Löhnen.» Deshalb sei die Verdoppelung zu verkraften.

Dormakaba berücksichtigt den Lohnanstieg

Die Dormakaba-Gruppe, die mehrere Tausend Angestellte in ihren Werken in China beschäftigt, reagiert dennoch auf die steigenden Kosten: «Wenn es um den Produktionsstandort geht, automatisieren wir mehr als früher. Wenn es um den Absatzmarkt China geht, dann haben diese höheren Löhne auch einen Effekt, weil die Zahlungsfähigkeit der Kunden steigt.» Konkret heisst das, dass man sich auch teurere Produkte leisten kann.

50 neue Flughäfen in Planung

Umso mehr freut sich Dormakaba-Chef Riet Cadonau, dass die chinesische Regierung 50 neue Flughäfen bauen und gross in Eisenbahnverbindungen sowie Bahnhöfe investieren will. Überall braucht es qualitativ hochstehende Zutrittslösungen, wie sie eben Dormakaba anbietet.

Auch die höheren Löhne haben einen Effekt, weil die Zahlungsfähigkeit der Kunden steigt.

Hier könne die lokale Konkurrenz noch nicht mithalten. Diese Aussichten böten dem Unternehmen enorme Wachstumschancen. Auch deshalb fielen die leicht steigenden Produktionskosten kaum ins Gewicht.

«Wir sprechen von der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt, von einem Inlandproduktwachstum von sechs Prozent und von einer sehr investitionswilligen Regierung.»

In der Schweiz eine Nische, in China ein Markt

Auf dieses Potenzial verweist auch Alberto Silini von der Export-Förder-Organisation Switzerland Global Enterprise: «China wird als zukunftsträchtiger Markt betrachtet und deshalb sind die Kosten sekundär.»

Schweizer Unternehmen sind oft in hochtechnologischen Nischen tätig. Was in der kleinen Schweiz ein Nischenmarkt ist, kann in China bereits ein grosser Absatzmarkt sein.

Das Interesse von Schweizer Unternehmen am chinesischen Markt ist gemäss Switzerland Global Enterprises nach wie vor ungebrochen, auch wenn sich vereinzelt Hersteller billiger Massenware von China abwenden.

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