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Profiteure im Emissionshandel Unternehmen sparen Millionen durch Emissionshandel – wie das geht

Wer viel CO₂ ausstösst, kann am Emissionshandel teilnehmen und so viel Geld sparen – das zeigen neue Zahlen des Bundes.

Wie der Emissionshandel funktioniert: Anstatt eine starre Abgabe zu bezahlen, müssen Zementwerke, Raffinerien oder Stahlkonzerne im Emissionshandelssystem EHS für jede Tonne CO₂, die sie ausstossen, ein Emissionsrecht vorweisen. Eine bestimmte Anzahl solcher Rechte erhält jedes Unternehmen gratis. Fehlen einem Unternehmen Emissionsrechte, kann es solche dazukaufen. Hat das Unternehmen mehr Emissionsrechte, als es benötigt, kann es die Rechte verkaufen. Um den Klimaschutz voranzutreiben, wird die Zahl der Emissionsrechte auf dem Markt kontinuierlich gesenkt.

Wie sich das lohnt: 1342 Millionen Franken an CO₂-Abgaben hätten die rund 50 Unternehmen im EHS zwischen 2013 und 2023 bezahlen müssen. Das schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf Interpellationen der St. Galler SP-Nationalrätin Claudia Friedl. Wie viel die Unternehmen tatsächlich bezahlt haben, weiss das zuständige Bundesamt für Umwelt Bafu nicht. Claudia Friedl rechnet – gestützt auf Recherchen des Online-Magazins «das Lamm», mit nur knapp 100 Millionen Franken, also rund 13-mal weniger.

Warum sich das lohnt: Dass Unternehmen im EHS deutlich weniger bezahlen als über die CO₂-Abgabe, kommt laut Claudia Friedl daher, dass die Emissionsrechte zwar in den letzten Jahren teurer geworden, aber immer noch rund 50 Prozent günstiger sind als die CO₂-Abgabe von 120 Franken pro Tonne, die Privatpersonen und KMU auf ihren Brennstoffverbrauch bezahlen. Tatsächlich räumt der Bund ein: «Im Zeitraum 2013 bis 2023 wurden rund 4.8 Millionen Emissionsrechte mehr in den Markt überführt, als für die Deckung von Emissionen abgegeben werden mussten.» 4.8 Millionen Emissionsrechte, das entspricht rund 300 Millionen Franken, auf die der Bund verzichtet hat, weil er von den Unternehmen statt die CO₂-Abgabe Emissionsrechte verlangt hat.

Welche Auswirkungen das hat: Wenn zu viele günstige Emissionsrechte im Markt sind, ist der Anreiz für die Unternehmen, CO₂ zu reduzieren, geringer. Für Claudia Friedl ist deshalb klar: «Es braucht weniger Gratiszertifikate, damit die Unternehmen wirklich in die Verminderung der CO₂-Emissionen investieren.»

Wie es weitergeht: Mit der Forderung nach weniger Gratiszertifikaten rennt Claudia Friedl beim Bund scheinbar offene Türen ein. Gratiszertifikate würden im Emissionshandel laufend reduziert, schreibt das Bafu. «Die jährliche Reduktion der zur Verfügung stehenden Emissionsrechte wurde per 2025 von 2.2 Prozent auf 4.3 Prozent fast verdoppelt. Ab 2028 beträgt diese 4.4 Prozent. Wenn man diese Reduktion so weiterführt, ergibt dies eine lineare Reduktion auf Netto Null um das Jahr 2040 herum. Somit müssen die EHS-Teilnehmer unabhängig davon, ob sie hohe oder tiefe Kosten für Emissionsrechte bezahlen, ihre Emissionen mittelfristig stark reduzieren.» Claudia Friedl und auch Klimaschutzorganisationen wie dem WWF reicht dieser Fokus auf die Menge der Emissionsrechte allerdings nicht. Es brauche auch ein Preissignal, sagen sie. Ein Emissionsrecht müsse im Handel mindestens ebenso viel kosten wie die CO₂-Abgabe, damit das System genügend schnell Wirkung entfalte und gerecht sei. Solche Verschärfungen würden natürlich Kosten generieren, unter anderem für kriselnde Branchen wie diejenige der Stahlproduzenten. Ihr Widerstand scheint also vorprogrammiert.

Echo der Zeit, 3.7.2025, 18 Uhr;brus

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