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Richemont öffnet sich Luxusuhren für Anfänger

Der Genfer Luxusriese hat sich zwar wieder gefangen, doch nicht überall. Jetzt geht er neue Wege im Uhrengeschäft.

Mit einem Umsatz von knapp 11 Milliarden Euro und einem Gewinn von 1,2 Milliarden hat Richemont sein Geschäftsjahr abgeschlossen, das traditionell Ende März endet. Die Aktionäre hatten offenbar mehr erwartet, denn Richemont verlor heute an der Börse zeitweise sieben Prozent. Doch der längerfristige Blick zeigt: Innert Jahresfrist hat die Aktie des Genfer Konzerns von 82 auf 92 Franken kräftig zugelegt.

Chinesen kurbeln Geschäft an

Vor allem in Asien haben die Marken, die zu Richemont gehören, deutlich mehr verkauft. Zudem kamen auch mehr chinesische Touristen nach Europa und kauften in den Läden von Cartier, Piaget und Co. ein. Allerdings seien es nicht mehr nur die oberen Zehntausend, sagt der Uhrenmarkt-Experte René Weber von der Bank Vontobel.

«Vor allem bei den Chinesen hat man gesehen, dass sich immer mehr auch der Mittelstand für Luxusgüter interessiert.» Auch global gesehen seien nicht mehr nur Reiche an teuren Marken interessiert, so Weber. «Es sind durchaus auch jüngere Leute, die stark auf gewisse Marken schauen.»

Aufschwung in der Luxusgüterbranche

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Schmuckstücke, elegante Kleider, Accessoires oder teure Uhren sind wieder gefragt. Nach einem schwierigen Jahr 2016 haben die weltweiten Luxusgüterhersteller letztes Jahr wieder sieben Prozent mehr verkauft. Auch Richemont hat davon profitiert, allerdings nicht in jedem Bereich. Die Juweliere legten zu, die teuren Uhren- und Modemarken des Konzerns dagegen nicht.

Neu Einsteigermodell im Angebot

Jüngeren Kundinnen und Kunden macht Richemont jetzt ein neues Angebot. Der Genfer Uhrenhersteller Baume et Mercier, der zum Luxusgüterkonzern Richemont gehört und sonst Uhren für 20'000 Franken und mehr anbietet, bringt ein etwas weniger teures Modell auf den Markt. Luxus für Anfänger – ab 560 Dollar ist man dabei.

Eine gute Idee, findet der Zürcher Markenexperte Thomas Ramseier. «Mit etwa 500 Franken sind wir leicht unter dem durchschnittlichen Exportpreis von Schweizer Uhren, der zurzeit etwa bei 800 Dollar liegt. Sie liegt also in einem mittleren Preissegment, das aber noch weit entfernt ist vom Basissegment; eine Swatch-Uhr bekommt man für 80 bis 200 Franken.»

Es ist ein neues Lifestyle-Konzept, das in der Uhrenbranche bis heute noch nicht verfolgt wird. Die Markenidee basiert auf Nachhaltigkeit.
Autor: Thomas Ramseier

Ramseier schätzt das Potenzial für die neue Uhr optimistisch ein: «Baume verfolgt ein sehr interessantes, neues Lifestyle-Konzept, das in der Uhrenbranche bis heute noch nicht verfolgt wird. Die Markenidee basiert auf Nachhaltigkeit.» Wie Ramseier sagt, werden bei der Uhr keine exotischen Materialien oder wertvollen Metalle, sondern wiederverwertete wie etwa Pet verwendet.

Die Uhr wird in einer schlichten Kartonverpackung geliefert. Damit könne man eine neue Zielgruppe ansprechen, glaubt der Markenexperte von der Agentur Brandpulse. «Die Amerikaner nennen diese Zielgruppe ‹Green Glamour›. Ich gebe zwar Acht auf meine Umwelt, dennoch ist Luxus erlaubt. Das ist keine Öko-Bewegung.» Er sei überzeugt, dass sich die Marke mit dem Fokus auf diese Zielgruppe und auf dieses Lifestyle-Konzept im Markt durchsetzen werde, sagt Ramseier.

Es kommt zwar überraschend, hängt wohl aber vor allem damit zusammen, dass man etwas Neues probieren will.
Autor: René Weber Analyst Uhrenmarkt

Auch mit dem neuen, etwas weniger teuren Einsteigermodell werde die Richemont-Gruppe eine Herstellerin von Luxusgütern bleiben, sagt Uhrenmarkt-Analyst Weber: «Das ist definitiv keine Kursänderung. Es kommt zwar überraschend, hängt wohl aber vor allem damit zusammen, dass man etwas Neues probieren will.»

Den Online-Kanal stärken

Doch um als Luxusgüter-Hersteller erfolgreich zu bleiben, seien neue Konzepte nötig, um neue Kundengruppen anzusprechen. Da sind sich beide Experten einig.

Richemont setzt darum nicht nur auf neue Uhren, sondern will auch seinen Online-Vertrieb stärken. Zu diesem Zweck hat der Konzern die global führende Luxus-Online-Marktplattform Yoox Net-à-porter übernommen – für 2,6 Miliarden Euro.

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