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Rote Zahlen bei Credit Suisse Hohe Verluste, trotzdem hohe Boni: CS schafft falsche Anreize

250 Millionen Franken Verlust im ersten Quartal. Dennoch gehen CS-Chefs Risiken ein, um ihre Boni-Chancen zu erhöhen. Wie kann man das in Zukunft verhindern?

Seit dem Amtsantritt von Credit Suisse-Präsident Urs Rohner 2011 hat die Grossbank Dreiviertel ihres Wertes an der Börse verloren. Die CS musste Milliarden an Bussen, Verlusten, Wertberichtigungen schlucken.

Trotzdem zahlten sich die CS-Chefs üppige Löhne aus, wie Ökonomieprofessorin Margit Osterloh sagt, die über Lohn und Leistung forscht: «Die CS-Leute, CEOs wie auch der Verwaltungsrat, verdienen gemessen an der Grösse der CS doch sehr viel.»

Urs Rohner steht auf einem Podium und spricht ins Publikum.
Legende: Grosse Verluste seit seinem Amtsantritt: Urs Rohner ist seit 2011 Credit Suisse-Präsident 2011. Keystone

Das Problem: Um sich hohe Boni auszahlen zu können, muss die Bank zuerst den Bonustopf füllen. Das führe gern zu falschen Anreizen, sagt Wirtschaftsanwalt Alex Geissbühler, der auf das Thema Sorgfaltspflicht bei Banken spezialisiert ist. Je höher die Bonusmöglichkeiten seien, desto eher gehe man Risiken ein. «Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Compliance oder das Riskmanagement gegenüber den wirtschaftlichen Komponenten den Kürzeren zieht.»

Grundsätzlich müsse der Verwaltungsrat festlegen, wie viel Risikoappetit man zulasse. «Wenn es möglich ist, sogar noch Boni zu bekommen, wenn man zu grosse Risiken eingeht, dann macht das Schule. Das ist dann so ein Perpetuum mobile, das nicht aufhört», sagt Geissbühler.

Das ist dann ein Perpetuum mobile.
Autor: Alex Geissbühler Wirtschaftsanwalt

Ein Perpetuum mobile, an dem auch zeitlich, über mehrere Jahre gestaffelt ausbezahlte Boni nicht viel ändern würden, wie die CS beweise, sagt Branchenkenner Marc Possa von der unabhängigen VV-Vermögensverwaltung. «Man müsste hier die Bank-Managements noch viel mehr in die Pflicht nehmen, noch viel mehr zu Unternehmen machen, die symmetrisch zu ihren Aktionären die Verluste mittragen», so Marc Possa.

Nicht genügend Widerrede

Auch das Risikomangement der CS habe versagt, weil es innerhalb der Bank zu wenig Widerspruch gebe, urteilt Ökonomieprofessorin Margit Osterloh. Es gebe zu viele Ja-Sager: «Ja-Sager dominieren immer dann, wenn in der Firma an der Spitze Leute stehen, die sich allzu sehr selbst überschätzen.»

Für die These Osterlohs spricht, dass die Risiko- und Compliance-Chefin der CS, Lara Warner, laut der Financial Times mehr als 20 Senior-Risk-Manager – also Unterstellte in ihrem Bereich – von ihren Posten entfernt habe. Das schreckt ab – und bringt zum Schweigen.

Chefposten rotieren oder auslosen

Um eine Ja-Sager-Kultur aus der Welt zu schaffen, hat Margit Osterloh zwei ungewöhnliche Ideen: «Die erste wäre, dass man die Chefposten rotieren lässt.» Ähnlich wie im Schweizer Bundesrat die Position des Präsidenten.

Die zweite Idee sei, die Chefinnen zufällig auszuwählen. Per Los zum Beispiel, aus einer Short-List von gleich gut qualifizierten Kandidatinnen oder Kandidaten. Diese Massnahme sei, wie im Experiment festgestellt, ausserordentlich wirksam, um Selbstüberschätzung zu verhindern. Osterloh erklärt: «Die Gewinner in einem solchen Losverfahren wissen, dass sie ihre Position nicht bloss ihrer eigenen Leistung zu verdanken haben, sondern auch einer guten Portion Glück und deshalb neigen sie weniger zu Hochmut.»

Die Verliererseite in einer solchen Losauswahl verliert nicht ihr Gesicht und damit auch nicht ihr Selbstbewusstsein.
Autor: Margit Osterloh Ökonomieprofessorin

Diese Zufallsauswahl sei auch wichtig für die Verlierer, die zwar die Wahl, aber nicht ihr Gesicht und damit nicht ihr Selbstbewusstsein verlieren würden. Das heisst, sie neigen dann eher dazu, den Gewinnern zu widersprechen.

Widerspruch kultivieren, Ja-Sagertum in der Teppichetage der Firmen bekämpfen – die Wissenschaft hätte durchaus Ideen. Ob sich eine Grossbank wie die CS auf solche Schritte einlässt, ist eine andere Frage.

Echo der Zeit, 22.04.2021, 18:00 Uhr

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