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Urs Schwaller tritt als Post-Präsident zurück
Aus Tagesschau vom 11.03.2021.
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Rücktritt an der Spitze Post-Präsident räumt Sessel in grösster Ungewissheit

Flucht nach vorn oder Rückzug im richtigen Moment? Ersteres ist naheliegender. Letzteres stimmt aber auch.

Urs Schwaller, Freiburger, Rechtsanwalt, langjähriger Ständerat für die Partei, die heute «Mitte» heisst, mehrfacher Bundesratskandidat ohne Erfolg. Aus der aktiven Politik zog er sich 2014 zurück, um – wie er damals sagte – mehr Zeit für anwaltschaftliche Mandate und verschiedene Weiterbildungsprojekte zu haben.

Aus den «Weiterbildungsprojekten» kann kaum viel geworden sein. Denn nicht einmal ein Jahr später schlug ihn Parteifreundin Doris Leuthard, damals als UVEK-Chefin für die Post zuständig, als neuen Präsidenten vor.

So vollführte er seine persönliche Weiterbildung bald am lebenden Objekt. Denn Schwaller hatte zuvor noch nie ein Mandat in den Dimensionen eines Post-Präsidiums ausgeübt. Nun muss wohl auch gesagt sein, dass dies sowieso ein unvergleichliches Amt ist – derart eingeklemmt zwischen Politik und Betriebswirtschaft. Doch Schwaller wurde für die Post zum Glücksfall. Ab und zu spielt eben auch Väterchen Zufall mit.

Aufräumen in Skandal-Zeiten

Der Zufall will es, dass im Februar 2018 Schwaller der Postauto-Skandal um die Ohren fliegt. In dieser Situation ist er fast schon eine ideale Besetzung mit seinem juristischen und politischen Rucksack. Obschon er bei der Aufarbeitung nicht von Anfang an die Dynamik entfaltete, die sich empörte Steuerzahler wohl gewünscht hätten.

Doch nach und nach räumt er auf und mit Ausnahme des juristischen Nachspiels des historischen Subventions-«Bschisses» ist beim Postauto-Skandal das Gröbste erledigt. Schwaller, ganz der Pragmatiker – nicht der Visionär.

Ein idealer Zeitpunkt für einen Rücktritt also? Nicht wirklich. Während Schwaller alle Hände voll zu tun hatte mit der Skandalbewältigung, türmten sich alle anderen Probleme weiter auf. Mittendrin: Postfinance. Das Gebilde, das eine Bank ist mit entsprechender Lizenz, aber eben doch keine richtige Bank. Weil sie nicht alle Bankgeschäfte tätigen darf, hängt die Postfinance in den Seilen. Die einstige Ertragsperle, die dem Postkonzern zuverlässig Millionengewinne zuführte, leidet unter den Negativzinsen wie kein anderes Finanzinstitut.

Unklare Perspektiven

Das UVEK, jetzt in SP-Händen, schickte zuerst eine Teilprivatisierung in die Vernehmlassung, um die Postfinance von der Einschränkung des Kreditverbotes zu entledigen. Die Reaktionen auf das Vorhaben fielen so geharnischt aus, dass jetzt eine Vollprivatisierung angestrebt werden soll – um so das Institut politisch zu entflechten und richtig in den freien Markt zu entlassen.

Doch just dies stellt gleich die ganze Post und ihre Raison d’être in der heutigen Form in Frage. Das Geschäftsmodell Post ist auf Quersubventionierung aufgebaut. Die ertragreichen Bereiche (Postfinance, Paket-Geschäft) füttern die defizitären durch (Filialen, Postauto).

Hier hätte Schwaller seine zwei verbleibenden Jahre bis zum Erreichen der statutarischen Altersguillotine mit 70 darauf verwenden können, die künftige Strategie für die Post mitzuprägen und seinen gemitteten politischen Pragmatismus einfliessen lassen. Darum muss sich jetzt sein noch zu bestimmender Nachfolger kümmern. Einer mit Visionen und politischem Gespür und Netzwerk müsste es sein.

«Mit heute 68 Jahren ist auch für mich persönlich der richtige Moment gekommen, bewusst beruflich kürzerzutreten», erklärt Schwaller seinen Entscheid. Vielleicht macht er jetzt in seiner Freizeit ja eine Weiterbildung.

Matthias Pfander

Matthias Pfander

Co-Leiter Wirtschaftsredaktion

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Matthias Pfander ist seit über 20 Jahren im Wirtschaftsjournalismus tätig, seit Mitte 2017 als Reporter und Planer für die Wirtschaftsredaktion von SRF TV. Zuvor arbeitete er unter anderem für den «Tages-Anzeiger» und die «Blick»-Gruppe.

Tagesschau, 11.03.2021, 12.45 Uhr

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