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Rüge im Fall Greensill Die Credit Suisse hat ein gravierendes Vertrauensproblem

Ein Kollaps wie der des Finanzvehikels Greensill oder auch das Milliarden-Fiasko des Hedgefonds Archegos: Sie gehören zum Bankgeschäft. Das kommt in der international vernetzten Finanzwelt immer wieder vor. Das heisst auch: Die Risiken hätte die Credit Suisse eigentlich im Griff haben müssen, als diese vor zwei Jahren – fast zeitgleich – ans Licht kamen.

Von einer gut geführten Bank können das die Kundinnen und Kunden und die Aufsicht erwarten. Doch die CS hat in den letzten Monaten und Jahren wiederholt die Erwartungen an ein professionelles Risiko-Management enttäuscht. Die damalige CS-Führung hat offensichtlich versagt und musste inzwischen gehen. Geblieben sind – zumindest teilweise – die Zweifel an der zweckmässigen Organisation der Bank.

Finma greift hart durch

Anders ist nicht zu erklären, dass nun die Finanzmarktaufsicht Finma nach dem Rechten schaut: Weil die CS die Gefahren im Geschäft mit Greensill eklatant unterschätzt hat, brauche es nun bessere Kontrollen, bemängelt die Finma.

Auch verdonnert die Aufsicht die CS dazu, dass sie die Verantwortlichkeiten von hunderten von Geschäftsleitungs­mitgliedern klärt und dokumentiert. Was bei einer gut geführten Bank selbstverständlich wäre, wird im Fall CS zu einer peinlichen Übung auf Geheiss der Behörde.

Neue Führung ist gefordert

Losgelöst davon, was die Bank im Fall Greensill in der Vergangenheit unterlassen hat und was sie jetzt nachträglich unternimmt: Die CS muss auf absehbare Zeit mit einem schmerzlichen Vertrauensmalus zurechtkommen. Die Kundschaft traut einer Bank nur bedingt, die wiederholt derart tief in den Sumpf gezogen wird durch «Betriebsunfälle» im Risiko-Management.

Wie berechtigt dieses Misstrauen ist, das belegt das Greensill-Verfahren der Finma eindrücklich. Und effektiv musste die CS in letzter Zeit tatsächlich mit dem Abfluss von Kundengeldern kämpfen, was allerdings auch andere Gründe hatte. Denn der Konzern hat derzeit viele offene Baustellen.

Nun gilt es, die Zweifel an der Qualität des Managements auszuräumen. Das muss für die neue Konzernleitung höchste Priorität haben. Die Zeit drängt. Weitere Patzer dieser Art kann sich die CS wohl nicht erlauben.

Jan Baumann

Leiter Wirtschaftsredaktion

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Jan Baumann ist seit 2013 bei SRF tätig und leitet seit Anfang 2023 die Wirtschaftsredaktion von Radio SRF. Zuvor hatte er während rund zehn Jahren als Redaktor für die Zeitung «Finanz und Wirtschaft» gearbeitet, unter anderem als USA-Korrespondent.

Rendez-vous, 28.02.2023, 12:30 Uhr

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