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Russland-Geschäfte Der Firmen-Exodus aus Russland bleibt aus

Trotz Druck aus Politik und der Öffentlichkeit sind viele westliche Unternehmen noch in Russland tätig. Darunter auch einige aus der Schweiz. Ein Ausstieg ist aber nicht einfach.

Kurz nachdem der Ukraine-Krieg im Februar 2022 begann, wurden im Westen Stimmen laut, die verlangten, dass westliche Unternehmen ihr Russland-Geschäft einstellen sollen. Grosse Namen wie McDonalds, Renault und Siemens machten es vor und kehrten Russland den Rücken.

Doch der grosse Exodus westlicher Unternehmen blieb laut einer Studie der Universität St.Gallen und des IMD in Lausanne bis heute aus. Gerade einmal 8.5 Prozent westlicher Unternehmen aus G7- und EU-Staaten, also nicht einmal jedes zehnte, haben sich aus Russland zurückgezogen.

Schweizer Unternehmen

In der Studie nicht berücksichtigt ist der Status von Schweizer Unternehmen. Auf Anfrage von SRF bestätigen Unternehmen wie Coop und Clariant, sich bereits aus Russland zurückgezogen zu haben. Bei Geberit und der Swatch Gruppe ist ein vollständiger Rückzug aktuell kein Thema.

Swatch schreibt in ihrer Stellungnahme unter anderem: «Wir haben weiterhin die Hoffnung, dass dieser schreckliche Krieg ein Ende findet. Unsere Filiale (100 Prozent in unserem Besitz) existiert nach wie vor und wir haben unsere Angestellten an Bord behalten.» Bei Geberit habe man beschlossen, die bisherige Vertriebsgesellschaft ab Januar 2023 auf eine reine Serviceorganisation zu reduzieren.

Konzerne wie ABB, Holcim und Lindt & Sprüngli befinden sich laut eigenen Angaben mitten im Rückzugsverfahren. «Im August 2022 hat die Lindt & Sprüngli Gruppe beschlossen, sich vollständig aus dem russischen Markt zurückzuziehen. Der gesamte Prozess verläuft in Übereinstimmung mit den lokalen gesetzlichen Vorschriften und ohne ausserordentliche Ereignisse», heisst es beispielsweise bei Lindt & Sprüngli.

Hindernisse bei Rückzug

Ein Rückzug aus Russland ist für Schweizer Unternehmen aber nicht so einfach von heute auf morgen zu bewerkstelligen. So ein Ausstieg könne Jahre dauern und berge auch finanzielle Risiken, sagt Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor vom KMU-Verband Swissmem.

«Eine Schweizer Tochtergesellschaft besteht im Kern aus Gebäuden, Einrichtungen und Vorräten. Da gilt es, einen Käufer zu finden. Wenn das nicht gelingt, dann droht ein hundert Prozent Abschreiber», sagt Kohl.

Aber ein Rückzug aus Russland ist auch immer eine menschliche Frage. Denn ein Unternehmen habe auch die Verantwortung, seinen Mitarbeitern Sorge zu tragen und sie nicht ihrem Schicksal zu überlassen, sagt Alberto Silini von der Export-Förder-Organsation Switzerland Global Enterprise.

Anders als die westlichen Regierungen haben sich die meisten Unternehmen also noch nicht von Russland abgewendet. Der Wunsch eines Exodus westlicher Unternehmen scheint an der Realität zu scheitern.

Tagesschau, 25.01.2023, 19:30 ; 

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