Zum Inhalt springen

SBTI Ein weiteres Klimaschutz-Label gerät unter Druck

Der Vorstand von SBTI will die Vorgaben für CO₂-Ziele von Unternehmen lockern – und bringt damit das Label in Gefahr.

Darum geht es: Unternehmen können ein Label beantragen, um zu belegen, dass ihre Anstrengungen für den Klimaschutz seriös sind – das sogenannte Science-Based-Targets-Initiative-Label (SBTI). Doch nun wird Kritik laut, dass just dieses Label Greenwashing betreiben wolle. Hinter dem Label steht eine private Organisation – denn von staatlicher Seite gibt es kein solches Label, das Standards für seriöse Klimaversprechen von Unternehmen vorgibt und kontrolliert.

Das tut SBTI: Das Label kontrolliert die Klimaziele einer Firma – und die Massnahmen, welche sie ergreift, um diese zu erreichen. SBTI bewertet auch die Fortschritte des Unternehmens. Weltweit machen rund 5000 Unternehmen bei SBTI mit. Aus der Schweiz sind es rund 200 Firmen – dazu gehören etwa ABB, Nestlé oder Swisscom. Ein wichtiger Geldgeber des privaten Unternehmens SBTI ist die Stiftung von Amazon-Gründer Jeff Bezos.

Es wäre ein grosses Problem, wenn das Label sein bisher seriöses Image in der Unternehmenswelt verlieren würde.
Autor: Klaus Ammann SRF-Wirtschaftsredaktor, Spezialist bei Klimathemen

Die Kritik: Anfang Woche beschloss der Vorstand von SBTI, dass Unternehmen für ihren indirekten CO₂-Ausstoss, also für jene Klimagase, die entlang ihrer Zuliefererkette entstehen, Zertifikate vom freiwilligen Kompensationsmarkt verwenden dürfen. Sie sollen für diesen, nicht direkt von ihnen selber verursachten Klimagasausstoss, also beispielsweise Zertifikate von Aufforstungs- oder Waldschutzprojekten erwerben können. Das aber kritisieren die Mitarbeitenden von SBTI jetzt heftig: Verschmutzer könnten dazu animiert werden, ihre Emissionen günstig zu kompensieren statt sie zu reduzieren, befürchten sie.

Mögliche Folgen für SBTI: Beobachter befürchten, dass diese Vertrauenskrise für die Firma SBTI selber bedrohlich werden könnte. «Es wäre ein grosses Problem, wenn das Label sein bisher seriöses Image in der Unternehmenswelt verlieren würde», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann, der sich mit Klimathemen befasst. Denn SBTI habe die Transparenz in diesem Bereich in den vergangenen Jahren entscheidend verbessert. Und eine staatliche Alternative zu SBTI gibt es nicht.

Link zum Thema

Problem Glaubwürdigkeit: Die CO₂-Kompensation gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Das Problem: Es gibt buchstäblich alles – von sehr seriösen Unternehmen bis hin zu sehr dubiosen Vertretern. Gerade der Bereich Waldschutz ist in letzter Zeit immer wieder kritisiert worden – denn es ist sehr schwierig, die tatsächlichen Auswirkungen eines konkreten Projekts zu messen. Andererseits gibt es auch sehr gute Kompensationsprojekte. So etwa, wenn CO₂ in Recycling-Beton gebunden wird. Das ist messbar, zudem bleibt das CO₂ während langer Zeit im Beton gebunden.

Das umstrittene Beispiel South Pole

Box aufklappen Box zuklappen

Die Schweizer CO₂-Kompensationsfirma South Pole geriet im letzten Jahr unter Druck und musste schliesslich ein Waldprojekt in Simbabwe fallen lassen. South Pole wollte dort eine riesige Waldfläche vor der Rodung schützen und damit einen grossen CO₂-Ausstoss verhindern. Doch auf einmal war unklar, ob der Wald überhaupt hätte gerodet werden sollen, wenn South Pole nicht aufgetaucht wäre. Auch war unklar, wie lange der betreffende Wald vor einer Rodung wirklich geschützt gewesen wäre.

SRF News aktuell, 12.4.2024, 07:20 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel