Zum Inhalt springen

SNB verteidigt Kurs Negativzinsen: Exportindustrie erfreut, Sparer genervt

Der Negativzins habe die Schweiz vor Schlimmerem bewahrt, so SNB-Chef Thomas Jordan. Doch die Kritik wird grösser.

Es ist ein Jubiläum der besonderen Art, welches Thomas Jordan, der Präsident der Schweizerischen Nationalbank, angesprochen hat: «Vor rund fünf Jahren hat die Nationalbank den Negativzins eingeführt. Kaum jemand ging damals davon aus, dass er auch Ende 2019 noch gelten würde.»

Seine Botschaft: Der Negativzins habe die Schweiz in diesen letzten fünf Jahren vor Schlimmerem bewahrt. Er habe erheblich mitgeholfen, den Frankenkurs zu stabilisieren – was vor allem der Exportindustrie half.

Kritik an Negativzins

Nichtsdestotrotz wächst inzwischen die Kritik an diesem Instrument. So stellt beispielsweise die Schweizerische Bankiervereinigung öffentlich in Frage, ob der Negativzins längerfristig der Schweizer Wirtschaft wirklich mehr nützt als schadet. Seine Wirkung habe nachgelassen, so die Argumentation.

Gleichzeitig bestrafe er alle Sparer und belaste somit auch die Vorsorgewerke. Das führe zu einer beträchtlichen Umverteilung von Sparern zu Schuldnern und von Banken zur Exportwirtschaft.

Mann mit Anzug.
Legende: Thomas Jordans Politik der Negativzinsen ist umstritten. Keystone

Jordan ist sich dieser Kritik bewusst. So hat er an der heutigen Medienkonferenz kaum zufällig so ausführlich über den Nutzen von Negativzinsen referiert. Forderungen, den Negativzins aufzuheben, schlägt er aber in den Wind. Denn: «Die Wirtschaft dürfte sich drastisch abkühlen, die Inflation weit in den negativen Bereich fallen und die Arbeitslosigkeit zunehmen.»

Ob dieses Szenario tatsächlich genauso eintreffen würde, lässt sich nicht wirklich belegen. Exakte Berechnungen sind naturgemäss nicht möglich. Die Nationalbank stützt ihre Aussagen vielmehr auf komplexe Simulationen, die sie durchexerziert hat.

Werkplatz vs. Finanzplatz

Jordans Fazit: «Wir beobachten die Wirkung des Negativzinses genau und nehmen seine Nebenwirkungen ernst.» Man sei aber nach wie vor davon überzeugt, dass sein Nutzen für die Schweiz als Ganzes eindeutig grösser sei als seine Kosten. Sparer, Pensionskassen und Banken sind ob dieser klaren Botschaft kaum erfreut. Sie müssen sich noch lange mit Negativzinsen arrangieren.

Die Exportindustrie hingegen dürfte erleichtert sein. Sie ist vor allem daran interessiert, dass der Franken nicht zu stark wird, weil das ihre Produkte im Ausland verteuern würde. Um das zu verhindern, nehmen sie gerne Negativzinsen in Kauf. Bei diesem Thema stehen sich also Werkplatz und Finanzplatz unversöhnlich gegenüber.

Meistgelesene Artikel