Wir teilen Fotos oder Filmchen, verfolgen, was Promis oder Bekannte treiben und sehen personalisierte Werbung. Das ist der Standard bei allen grossen sozialen Netzwerken: Gratis-Dienste gegen Daten.
Doch es gibt ein soziales Netzwerk, das alles anders macht: Vero zeigt keine Werbung an. Es analysiert nicht, was man anschaut oder mit einem Herzchen versehen hat. Es werden also auch keine Posts angezeigt, die zum bisherigen Nutzungsverhalten passen könnten.
Das Netzwerk schlägt keine Personen vor, die man kennen könnte. Posts, die im Feed angezeigt werden, wurden nicht dafür ausgewählt, weil sie bei anderen Nutzern besonders beliebt sind – sie werden stattdessen schlicht chronologisch aufgelistet.
Engagement ist nicht alles
Das soziale Netzwerk ignoriert also auch absichtlich die Metrik, die bei der Konkurrenz wie Instagram oder TikTok alles bestimmt: das Engagement. Dort wird ein Inhalt als besonders wertvoll angesehen, wenn viele Nutzer stark damit interagieren. Denn das erhöht die Zeit, die auf der Plattform verbracht wird – und ermöglicht, mehr Werbung anzuzeigen.
Vero dagegen verzichtet auf all das und setzt stattdessen auf menschliche Interaktion: Wenn das Netzwerk Inhalte vorschlägt, standen Menschen, nicht Maschinen dahinter.
Absichtlich langsamer wachsen
Das wirkt altmodisch, ja anachronistisch. Und es ist sicher auch ein Grund, warum das Netzwerk mit rund 5 Millionen registrierten Nutzerinnen im Vergleich zu Instagram und anderen Grossen (mehr als eine Milliarde monatlich aktive Nutzer) klein ist und langsamer wächst.
Hinter dieser Strategie steht Ayman Hariri, Sohn des ermordeten libanesischen Premiers Rafik Hariri. Sein Vermögen wird auf eineinhalb Milliarden Dollar geschätzt. Es stammt wohl hauptsächlich aus dem Verkauf seiner Anteile am Familien-Unternehmen Saudi Oger, ein zeitweise riesiges Bauunternehmen mit 70'000 Mitarbeitern, das er nach dem Tod seines Vaters zusammen mit dem Bruder Saad führte. Stattdessen baut Ayman Hariri nun Vero auf, mit rund 50 Mitarbeitern.
Ayman Hariri begründet den anderen Ansatz von Vero ethisch: Es sei schlicht nicht richtig, Algorithmen zur Manipulation von Nutzern einzusetzen, nur um das Geschäftsmodell mit Werbung zu ermöglichen. Er setzt deshalb auch auf einen anderen Businessplan: Vero soll in Zukunft über eine Abogebühr finanziert werden.
Abo statt Werbung
Aktuell ist Vero allerdings noch gratis – und soll für bestehende Nutzer auch für immer gratis bleiben. Wann die Abogebühr eingeschaltet wird, lässt Hariri noch offen. Ebenfalls unbewiesen ist, ob sich denn in Zukunft genug Leute finden, die bereit sind, einen anderen Deal einzugehen – nicht wie überall sonst Gratis-Dienst gegen Daten, sondern Dienst gegen Abo.
Ein ausführliches Interview mit Vero-Gründer Ayman Hariri hören sie in der aktuellen Ausgabe des Digital-Podcasts.
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