Seit Jahren hält der Cum-Ex-Skandal Europa in Atem. Im grossen Stil haben Banken in Europa die Steuerverwaltungen abgezockt: Es geht um einen mutmasslichen Schaden von 55 Milliarden Euro.
Mitgespielt haben dabei auch Schweizer Banken. Auf einer geleakten Liste der Steuerfahndung Wuppertal stehen über 130 Banken, die im Verdacht stehen, mit trickreichen Aktiendeals um den Dividendenstichtag unrechtmässig Millionen vom Steueramt abgeluchst zu haben, ohne dass sie dafür berechtigt waren.
Auf der Bankenliste der Deutschen Steuerfahndung
Neben der Credit Suisse steht auch die Waadtländer Staatsbank auf der Liste der Steuerfahnder. «0ffensichtlich nicht ohne Grund», sagt Alexandre Rydlo, SP-Kantonsrat im Kanton Waadt. Er hat am Dienstag im Kantonsrat eine Anfrage eingereicht.
Derzeit werde in Deutschland die Rolle der Banken aktiv untersucht, deshalb sei es absolut zwingend, die Rolle der Schweizer Banken ebenso zu überprüfen, sagt Rydlo: «Bis heute hat keiner gefragt, weshalb die Waadtländer Kantonalbank auf einer Liste der deutschen Steuerfahndung auftaucht, das ist einfach skandalös.»
Bank dementiert Kontakt zur deutschen Steuerfahndung nicht
Die Rolle der Waadtländer Kantonalbank bei den Dividendentricksereien müsse nun lückenlos aufgeklärt werden, sagt Rydlo. Auf Anfrage von «Schweiz aktuell» schreibt die Bank, man sei in Cum-Ex nicht exponiert gewesen. Allerdings gibt es auch Steuertricks, die ähnlich funktionieren, aber anders heissen. Dazu will die Bank nichts sagen. Sie schreibt: «Wir werden der Regierung alle notwendigen Informationen geben, um die Interpellation von Alexandre Rydlo zu beantworten.»
Auf die Frage, wie sie auf die Liste der Wuppertaler Steuerfahndung komme, hat die Waadtländer Kantonalbank auf Anfrage von SRF keine Antwort. Sie dementiert aber nicht, dass es Kontakte mit der deutschen Steuerfahndung gegeben hat. Die Waadtländer Kantonalbank schreibt: «Soweit uns bekannt ist, wird in Deutschland diesbezüglich nicht gegen die BCV ermittelt.»
Rydlo verlangt jetzt Klarheit: «Man kann nicht einfach sagen, da gebe es nichts. Wahrscheinlich haben wir eine Bank, die in die Cum-Ex-Deals involviert ist. Die Bank gehört zum Kanton – sie muss dem Kanton auch Erklärungen liefern.» Die Waadtländer Kantonalbank sei ja nicht einfach so auf die Liste der Steuerfahndung gekommen.
Erinnerungen an Züricher Kantonalbank werden wach
Vor drei Jahren hat auf Druck der Zürcher Kantonsräte Sibylle Marti und Thomas Langenegger (SP) die Zürcher Kantonalbank zugeben müssen, dass die Staatsbank zwischen 2004 und 2007 in mehrere Cum-Ex-Deals involviert gewesen war. Bankinterne Quellen sprechen heute gegenüber «Schweiz aktuell» von damals intensiven Diskussionen innerhalb der Bank, ob solche Deals überhaupt legal seien. Ungeachtet dessen habe man sie dennoch durchgezogen. In einem Jahr habe die Zürcher Kantonalbank mit Cum-Ex rund 130 Millionen Franken Gewinn gemacht.
Das habe einem Drittel des gesamten Gewinns des Investmentbankings entsprochen. Auf Druck der damaligen Bankenaufsicht habe die Zürcher Kantonalbank Geld zurückzahlen müssen. In welcher Höhe ist nicht bekannt. «Man hat die Schweizer Öffentlichkeit nie über Cum-Ex-Gewinne der Schweizer Banken aufgeklärt», sagt Sibylle Marti heute, man stelle das heute als deutsches Problem dar, doch auch Schweizer Banken seien sehr aktiv gewesen und hätten wohl auf Kosten der Steuerzahler kräftig mitverdient.