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Strasse von Hormus Die Angst vor Irans stärkster wirtschaftlicher Waffe

Iran droht, die Strasse von Hormus zu schliessen. Das hiesse: teureres Öl und steigende Inflation. Auch in der Schweiz.

Krieg in Nahost, Ruhe an den Finanzmärkten. Die Börsen bleiben stabil. Der Ölpreis schnellt frühmorgens zwar um sechs Prozent hoch, doch der Effekt verpufft. Eine Frage aber treibt die Märkte um.

Was, wenn es als Vergeltungsschlag nicht beim iranischen Angriff auf die US-Militärbasis Al-Udeid in Katar bleibt? Was, wenn der Iran seine Drohung wahr macht und als Reaktion auf die US-Raketenangriffe die Strasse von Hormus schliesst? Sie ist die einzige Verbindung vom Persischen Golf zu den Weltmeeren. 20 Millionen Fass Rohöl gehen täglich hier durch. Es wäre die wirtschaftlich stärkste Waffe des Iran.

Ölpreis bereitet Sorge

Ein Fünftel des weltweiten Ölhandels wird durch die Meerenge verschifft. Fehlt dieses Angebot auf dem Weltmarkt, steigt der Ölpreis. Von aktuell 77 Dollar auf – je nach Ökonom, der die Schätzung abgibt – 100, 120, 150 Dollar. Also markant.

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Legende: Trump weiss, wie gefährlich ein steigender Ölpreis wäre. Auf seiner Plattform Truth Social schreibt er: «Haltet alle die Ölpreise niedrig. Ich beobachte Euch! Ihr spielt dem Feind in die Hände. Tut es nicht!» EBU / Truth Social

Der Ölpreis: Über ihn könne sich der Konflikt auf die gesamte Weltwirtschaft auswirken, sagt Daniel Kalt, Chefökonom von UBS Schweiz. Höhere Erdölpreise treiben die Inflation an, nehmen den Konsumenten Kaufkraft weg. «Das würde bedeuten, dass der Konsum in vielen Ländern vermutlich etwas gedämpft würde und sich die Wirtschaft abkühlt.»

Mit Folgen weltweit: In den USA würden fortan nicht nur die Zölle, sondern auch das teurere Erdöl die Preise antreiben. Oder China, die verlängerte Werkbank der Welt. «Ein Land wie China, das sehr viel Handel betreibt, hat kein Interesse, dass eine der wichtigsten Güter-Handelsrouten schliesst», sagt Kalt. Das würden letztlich die Abnehmer chinesischer Produkte spüren, auch in der Schweiz.

Auch produzierende Firmen wären betroffen

Teurer würde es auch für produzierende Unternehmen. Ypsomed mit Hauptsitz in Burdorf produziert Injektionsspritzen, unter anderem für Abnehm-Medikamente. Das braucht Plastik. Und damit Öl. «Wir haben eine gewisse Abhängigkeit vom Öl», sagt Ypsomed-Chef Simon Michel im «Eco Talk». Im gesamten Kostenmix mache das allerdings einen kleinen Teil aus.

Alles hängt davon ab, wie lange der Iran die Strasse von Hormus schliessen würde. Wäre es nur für Tage oder Wochen, wäre die Weltwirtschaft genügend robust, sagt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank. «Hält der Energiepreisschock jedoch ein halbes Jahr oder länger an, ist mit einer globalen Stagflation oder gar Rezession zu rechnen.»

Zwei Punkte, die Hoffnung geben

Macht Iran seine Drohung tatsächlich wahr, steigt also die Inflation, auch in der Schweiz. Ökonom Kalt relativiert jedoch: Nachdem Russland 2022 die Ukraine angriff, stieg der Ölpreis von 70 auf gut 120 Dollar. «Das würde die Inflationsrate in der Schweiz um etwa einen Prozentpunkt erhöhen. Es kostet also Kaufkraft, ist aber nicht dramatisch.» Zumal die Inflation in der Schweiz aktuell sehr tief ist.

Was gegen die Schliessung spricht: Der Iran würde damit direkt seine arabischen Nachbarn schwächen. Auch die Ölproduzenten Saudi-Arabien, Irak und Kuwait verschiffen ihre Barrels durch die Strasse von Hormus. Zudem würde der Iran den Partner China verärgern – einen wichtigen Abnehmer von Öl aus dem Golf.

Tagesschau, 23.6.2025, 19:30 Uhr

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