Sie fühlen sich leer, antriebslos und sind nicht mehr leistungsfähig – Menschen, die an einem Burnout leiden. Burnout ist zwar keine offizielle medizinische Diagnose, aber ein in der Schweiz weit verbreitetes Leiden, das zeigt die neue Umfrage in aller Deutlichkeit: 17 Prozent der Erwachsenen haben ein Burnout erlebt, und 25 Prozent der Erwerbstätigen haben das Gefühl, wegen der Arbeit Burnout-gefährdet zu sein.
Regina Jensen von Gesundheitsförderung Schweiz sagt, dass das nachdenklich stimmen sollte: «Burnouts verursachen viel Leid für die betroffenen Personen und für deren Umfeld.»
Teures Leiden
Zudem kostet die Überlastung die Arbeitgebenden jährlich rund 6.5 Milliarden Franken, weil Arbeitskräfte ausfallen oder weniger produktiv sind. Das hat sie zusammen mit Kolleginnen der Uni Bern und der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften errechnet . Die Studie zeigt auch, dass immer mehr Erwerbstätige emotional erschöpft sind, sich also überbeansprucht und ausgelaugt fühlen. Heisst: Immer mehr Erwerbstätige laufen Gefahr, in ein Burnout zu geraten.
Aber wieso fühlen sich immer mehr Erwerbstätige ausgebrannt? Jensen nennt die höhere Arbeitsintensität und die ständige Erreichbarkeit. Dazu komme aber auch, dass heute mehr Arbeitnehmende krankheitshalber ausfallen und an vielen Orten sowieso Fachkräfte fehlten, beides erhöhe den Druck auf die übrigen Arbeitnehmenden.
Wenn ich mit Kriegen, Naturkatastrophen und Pandemien konfrontiert bin, fehlen mir an anderer Stelle Bewältigungsmöglichkeiten, um mit Belastungen bei der Arbeit umzugehen.
Der gesellschaftliche Kontext spiele auch eine Rolle, sagt die Psychologin: «Wenn ich mit Kriegen, Naturkatastrophen und Pandemien konfrontiert bin, fehlen mir an anderer Stelle Bewältigungsmöglichkeiten, um mit Belastungen bei der Arbeit umzugehen.»
Junge Frauen besonders stark gefährdet
Nicht alle sind gleich stark gefährdet: Jüngere Erwerbstätige haben tendenziell weniger Ressourcen, um Belastungen aufzufangen als ältere, Frauen weniger als Männer.
Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass junge Erwachsene und insbesondere junge Frauen rund um die Familiengründung sowieso stark belastet sind, das macht sie anfälliger. Zudem erleiden Personen mit tiefen Einkommen häufiger ein Burnout als jene mit hohen Einkommen.
Erwerbstätige in der Schweiz belastbarer
Auch in anderen europäischen Ländern sind viele Arbeitskräfte erschöpft. In der Schweiz arbeiten wir aber besonders viel – und das bei besonders hohem Tempo und Druck, das zeigt eine europaweite Untersuchung. Sie zeigt aber auch, dass Erwerbstätige in der Schweiz gut mit der Belastung umgehen können.
Der Lohn ist in der Schweiz hoch, weil die Produktivität hoch ist, aber die Belastung ist natürlich auch entsprechend.
Boris Zürcher vom Staatsekretariat für Wirtschaft Seco erklärt, man könne die Arbeitsbedingungen nicht isoliert betrachten, sondern nur das gesamte Paket: «Der Lohn ist in der Schweiz hoch, weil die Produktivität hoch ist, aber die Belastung ist natürlich auch entsprechend.»
Gleichzeitig zeigt die Studie auch, dass die Erwerbstätigen in der Schweiz die Belastungen besser bewältigen könnten als der europäische Durchschnitt. Erstere finden ihre Arbeit häufiger sinnvoll, haben eher das Gefühl, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten einsetzen zu können, und vor allem sind sie mit der Bezahlung sehr zufrieden.
Regina Jensen gibt aber zu bedenken, dass auch in dieser europäischen Befragung ein Viertel angibt, überlastet zu sein: «Wenn wir uns bewusst machen, was diese Überlastung auch langfristig für die Gesundheit der Betroffenen bedeutet, müssen wir handeln.» Auch wenn wir besser abschneiden als andere Länder in Europa.