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Strom vom eigenen Dach Das neue Zauberwort der Photovoltaikanlagen: ZEV

Stolpersteine für die Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch: Muss es so kompliziert sein?

Die Produktion von Solarstrom lohnt sich vor allem dann, wenn man den Solarstrom auch selbst verbrauchen kann. Für den sogenannten Eigenverbrauch müssen keine Abgaben an die Gemeinde und den Netzbetreiber bezahlt werden. 

Durch Zusammenschlüsse lassen sich auch grössere Anlagen wirtschaftlich betreiben.
Autor: Leo-Philipp Heiniger Fachexperte für Erneuerbare Energien im Bundesamt für Energie BFE

Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch – also ZEVs – in Mehrfamilienhäusern seien deshalb wirtschaftlich interessant, erklärt Leo-Philipp Heiniger, Fachexperte für Erneuerbare Energien im Bundesamt für Energie BFE: «Dadurch, dass man mehrere Verbraucher zusammenschliesst, gibt es mehr lokale Absatzmöglichkeiten, also mehr potenziellen Eigenverbrauch. Dadurch lassen sich auch grössere Anlagen wirtschaftlich betreiben.»

Günstiger Strom für Mehrfamilienhäuser

Das hat Lars Egger, der Chef der Immobiliengesellschaft Espace Real Estate, schon vor ein paar Jahren erkannt und bei verschiedenen Liegenschaften ZEVs eingerichtet.

Nun steht er in Derendingen bei Solothurn vor drei Mehrfamilienhäusern aus den 1960er Jahren, die er gerade sanieren lässt: «Wir wollten für unsere Mieter nebst den attraktiven Küchen und Bädern auch andere Attraktivitäten bieten, zum Beispiel Strom, den sie günstiger beziehen können als im Netz.» Ausserdem wolle seine Firma die CO2-Emissionen tatsächlich halbieren.

Den ZEV eingerichtet hat hier die Firma Blockstrom. Deren Chef, Urs Springer führt aufs Dach des grössten der drei Gebäude. «Die Photovoltaikanlage produziert auf der ganzen nutzbaren Fläche des Dachs Strom.»

Ein Dach mit Solarzellen
Legende: In Wohnhäusern: Nicht der ganze Strom, den die Anlage produziert, wird von den Bewohnern verbraucht. Colourbox/Joanna Boiadzhieva

Im Jahresschnitt würden die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses rund einen Drittel des auf dem Dach produzierten Stroms selber verbrauchen, die restlichen Zweidrittel speisen sie ins Netz ein.

Jedes Haus bilde einen eigenen Zusammenschluss für den Eigenverbrauch, ZEV, erklärt Urs Springer. Doch das sei nicht optimal: «Wir hätten am liebsten aus diesen drei Gebäuden und der Einstellhalle einen einzigen ZEV gemacht. Aber das konnten wir leider nicht realisieren.»

Verbindung viel zu teuer

Das Problem: Das Gesetz erlaubt nur einen Anschluss ans öffentliche Netz pro ZEV. Um einen einzigen ZEV aus den drei Gebäuden zu machen, hätte der Hausbesitzer die drei Gebäude mit privaten Stromleitungen verbinden müssen.

Ein Stolperstein ist die Zustimmungspflicht von allen Mietern zur Belieferung mit Solarstrom.
Autor: Urs Springer Chef des Stromversorgungsunternehmens Blockstrom

Das sei hier, wie meist bei bestehenden Liegenschaften, viel zu teuer, betont Springer. Er sieht noch weitere, vor allem administrative Stolpersteine für ZEVs: «Einer ist die Zustimmungspflicht von allen Mietern zur Belieferung mit Solarstrom» – obschon dieser billiger sei als Netzstrom.

Aus Mieterschutzgründen gebe es zudem sehr komplexe Vorschriften, was den Tarif betrifft. «Das ist heute so kompliziert, dass es der Mieter gar nicht nachvollziehen kann. Das halte ich für falsch.»

Tatsächlich seien in den letzten Jahren einige Verbesserungen an ZEVs gemacht worden, heisst es dazu beim Bundesamt für Energie BFE, und weitere sollen folgen.

Das Potenzial für weitere Zusammenschlüsse für den Eigenverbrauch ist auf jeden Fall beträchtlich. Noch werden laut Berechnungen des Vereins Unabhängiger Energieerzeuger VESE erst rund 4.5 Prozent des Potenzials an PV-Anlagen genutzt.

 

Rendez-vous vom 30.09.2022, 12:30 Uhr

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