Zum Inhalt springen

Tourismus spürt Aufwind Die Masse allein macht die Touristiker nicht glücklich

Immer mehr Feriengäste kommen aus Asien. Doch sie bleiben meist nicht lange in der Schweiz. Das soll sich ändern.

Chinesische, indische und südkoreanische Gäste haben im vergangenen Jahr über fünf Millionen Mal in der Schweiz übernachtet. Das ist neuer Rekord. Damit geht bereits jede vierte Übernachtung der ausländischen Gäste auf das Konto von asiatischen Touristen.

Einen Wermutstropfen gibt es: Die Gäste aus Asien weilten meist nur kurz in der Schweiz. Chinesen etwa übernachten hierzulande im Durchschnitt nur gerade 1,3 Nächte. Das ist so kurz wie keine andere Reisegruppe. Hier gelte es anzusetzen, sagt Martin Nydegger, der neue Chef von Schweiz Tourismus. «Wir müssen die kleineren Gruppen und individuellen Gäste ansprechen. Sie bleiben in der Regel länger.»

Allerdings kommen viele asiatische Gäste immer noch in grösseren Gruppen nach Europa und in die Schweiz. Auf solchen Touren ist das Programm fix vorgegeben. Es bleibt also kein Raum, um spontan länger in der Schweiz zu bleiben. Deshalb will Schweiz Tourismus noch stärker als bisher um die Individualreisenden aus dem asiatischen Raum werben.

Touristen, auch aus Asien, promenieren auf der Kleinen Scheidegg im Berner Oberland.
Legende: Asiatische Touristen sollen länger in der Schweiz bleiben, möchte Schweiz Tourismus. Keystone Archiv

Asiaten garantieren Grundauslastung

Gruppenreisen bringen allerdings auch Vorteile mit sich. So sind etwa die Rigibahnen froh um die Gäste aus Asien, wie Direktor Stefan Otz betont: «Der Gruppengast kommt so oder so, egal welches Wetter herrscht.» Das helfe den Bahnen für eine Grundauslastung mit Fahrgästen. Tatsächlich kommt bei den Rigibahnen rund die Hälfte aller Gäste in Gruppen.

Reisegruppen kommen bei jedem Wetter.
Autor: Stefan Otz Direktor der Rigibahnen

Bei den Reisenden aufs Jungfraujoch machen die Gruppen einen noch grösseren Anteil aus. Hier kommen rund zwei Drittel der Gäste als Gruppenreisende. Das waren letztes Jahr fast 700'000 Personen. Auch dort sorgen sie für eine stabile Grundauslastung. Denn sie fahren mit der Bahn bei jedem Wetter auf den 3466 Meter hohen Aussichtsanlage; egal ob es schneit, regnet oder Nebel hat.

Beides ist wichtig: Volumen und Einzelreisende

Zudem kommen die meist aus Asien stammenden Gruppenreisenden auch in den Zwischensaisons. Deshalb sind auch für den Geschäftsführer der Jungfraubahnen, Urs Kessler, die Gruppen ein sehr wichtiges Segment. Zwar arbeite man seit vielen Jahren «sehr intensiv» am Einzelreisemarkt und wolle diesen auch ausbauen. «Doch wir setzen weiterhin auch auf Gruppenreisen», sagt er.

Gruppen sind wichtig als Türöffner. Aber es gibt auch die Veränderung hin zum Individualgast.
Autor: Stefan Otz Direktor der Rigibahnen

Auch für Schweiz-Tourismus-Chef Nydegger sind die Reisenden in Gruppen für den Schweizer Tourismus wichtig: «Wir brauchen Volumen bei den Bergbahnen, bei den Attraktionen und bei den Hotels.» Denn schliesslich habe man in den vergangenen acht Jahren viele Gäste und Übernachtungen verloren, betont er.

Gruppenreise als Türöffner für mehr

Zudem lernen viele asiatische Gäste die Schweiz durch Gruppenreisen überhaupt erst kennen. «Sie sind wichtig als Türöffner, aber es gibt auch die Veränderung hin zum Individualgast», beschreibt Otz von den Rigibahnen die Situation. Genau hier will Schweiz Tourismus die Feriengäste ansetzen – auch wenn das Ansprechen von Einzelreisenden viel aufwändiger ist als bei Gruppen.

So setzt Schweiz Tourismus in Indien oder Südkorea auf lokale Stars aus Film und Sport, die für die Schweiz werben. Zudem fordert die Tourismus-Vermarktungsorganisation die digitale Werbung. Beides wird im asiatischen Raum stark beachtet.

Meistgelesene Artikel