Wer baut heutzutage ein E-Auto aus einem herkömmlichen Auto? Zurzeit sind es in der Schweiz Liebhaberinnen und Sammler von Oldtimern, die sich ein sogenanntes Retrofit leisten. Es gibt spezialisierte Unternehmen wie die Manufaktur Marton, welche in hunderten von Arbeitsstunden Umbauten durchführen: Antriebsstrang ersetzen, Getriebe herausnehmen, einen neuen Motor und neue Batterien einbauen. Der gesamte Umbau dauert rund ein Jahr und kostet schnell mal 200'000 Franken.
Umrüstung bei der Manufaktur Marton
Warum ist das so teuer? Aktuell ist jedes umgebaute Auto ein Einzelstück, der Aufwand ist fast schon vergleichbar mit der Entwicklung eines neuen Autos. Dazu kommt ein äusserst kompliziertes Zulassungsverfahren: Damit das Auto auf den Schweizer Strassen unterwegs sein darf, braucht es diverse Tests – allein das kostet schnell mal so viel wie ein Kleinwagen. Und das, obwohl alle verwendeten Komponenten bereits vorgeprüft und für Autos entwickelt wurden.
Ginge das denn nicht einfacher und günstiger? Doch, eigentlich schon. Studierende der Berner Fachhochschule haben einen Audi A2 umgebaut – und mit gebrauchten Komponenten bestückt: Der Elektromotor stammt von einem verunfallten Nissan Leaf, die gebrauchte Batterie von einem Mitsubishi Outlander. Eine Zulassung zu erhalten, war jedoch nicht möglich. Denn für den Nachweis der Sicherheit der Batterie hätte sie zerstört werden müssen.
Warum macht ein Umbau aus ökologischer Sicht Sinn? Das Zauberwort heisst hier Kreislaufwirtschaft. Experten sehen mit dem Umbau einen energiesparenden Weg zur Dekarbonisierung des Verkehrs. Weil die Karosserie der Fahrzeuge weiterverwendet werden kann, verursacht der Umbau weniger graue Energie, als wenn ein neues Elektroauto hergestellt werden muss. Würden sogar ein gebrauchter Motor und eine Secondhand-Batterie eingebaut, fällt die Energiebilanz noch positiver aus.
Testversuch der Berner Fachhochschule
Was läuft auf politischer Ebene? Nationalrat Bruno Storni (SP, Tessin) hat zu diesem Thema im März 2022 eine Motion eingereicht. Sie fordert, dass die Vorschriften gelockert werden, um den Umbau von einem Verbrenner zu einem E-Auto zu erleichtern. Konkret sollen bereits einmal zertifizierte Komponenten einfacher eine Genehmigung erhalten und die Batterien keinen zerstörenden Tests mehr unterzogen werden müssen. Der Bundesart hat die Motion abgelehnt, der Nationalrat im vergangenen Herbst jedoch zugestimmt. Und auch der Ständerat stimmte der Vorlage am Mittwoch zu.
Wo steht die Schweiz im Vergleich zum Ausland? Frankreichs Regierung unterstützt den Umbau mit mehreren Tausend Euro pro Fahrzeug und will den Retrofit so attraktiver machen. In Deutschland will das Start-up e-Revolt im nächsten Jahr auf den Markt gehen und beispielsweise einen VW Golf oder einen Audi A3 gemäss eigenen Angaben in nur einem Tag für ca. 12'000 bis 15'000 Euro (11'500 bis 14'500 Franken) zum Elektroauto umbauen. Die Nachfrage sei gross, lässt das Unternehmen gegenüber SRF verlauten – doch noch ist nicht klar, ob diese Umwandlung eines Verbrenners in ein Elektroauto tatsächlich praxistauglich sein wird.