Die Geldmärkte befinden sich im Wandel. Die lockere Geldpolitik ist zu Ende, gleichzeitig ist die Inflation nicht unter Kontrolle. Das zwingt die gesamte Branche und mit ihr die Vermögensverwalter wie BlackRock zum Umdenken. Doch wie soll dieser Wandel vonstattengehen und was muss sich verändern? Ein Experte ordnet ein.
SRF News: Sie haben über 20 Jahre Berufserfahrung. Erleben Sie nun eine völlig neue Situation?
Martin Lück: Der deutsche Bundeskanzler Scholz hat von einer Zeitenwende gesprochen. Diese Zeitenwende erleben wir auch an den Finanzmärkten. Das habe ich in all den Jahren noch nicht erlebt.
Wir empfehlen, in «Mega-Kräfte» wie die Bekämpfung des Klimawandels, neue Energiequellen oder die Künstliche Intelligenz zu investieren.
Ist der Angriffskrieg gegen die Ukraine ein Beschleuniger dieses Wandels?
Er ist eine Beschleunigung von Transformationen, die wir vielleicht ohnehin gesehen hätten. Zum Beispiel bei der Bekämpfung des Klimawandels. Die Energiekrise im Zuge des Angriffs auf die Ukraine zeigt, dass wir dringend auf andere Energiequellen umsteigen müssen, weil wir zu abhängig geworden sind von fossilen Energien.
Für BlackRock bedeutet das, Sie müssen umdenken?
Wir machen den Hinweis in unserem gerade veröffentlichten Papier, dass die Investorinnen und Investoren in diese «Mega-Kräfte», in diese Veränderungen, investieren sollen. Ob das jetzt künstliche Intelligenz ist oder die Veränderungen, die ich schon angesprochen habe.
Sie schreiben im Bericht: Die Klimaschäden werden die Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum dominieren?
Das werden sie vermutlich. Wir werden den Klimawandel nicht komplett von einem auf den anderen Moment stoppen können. Um ihn wenigstens abzumildern, werden Investitionen nötig, die die Staaten nicht aus eigenen Mitteln stemmen können. Da kommen die Investitionen über die Kapitalmärkte ins Spiel.
Wie handelt BlackRock selbst? Sie wollen nachhaltig investieren?
Wir verstehen uns als Treuhänder für unsere Kunden. Also müssen wir sehr wohl darauf achten, dass auf der einen Seite die Erträge gut sind und auf der anderen Seite die Mittel gut angelegt werden. Wir unterstützen Unternehmen, die bereits in nachhaltige Technologien investieren. Und motivieren andere, sich auf diesen Weg zu begeben.
Wenn wir als BlackRock von beiden Seiten kritisiert werden, dann müssen wir etwas richtig machen.
Diese Ausrichtung erntet Kritik von links bis rechts. In den USA beispielsweise haben republikanische Staaten wie Missouri, Louisiana oder Texas BlackRock auf die schwarze Liste gesetzt, mit dem Vorwurf der Wokeness. Mit welchen Konsequenzen?
Von der einen Seite werden wir des Greenwashings bezichtigt, von der anderen Seite werden wir der Wokeness bezichtigt. Unser CEO, Larry Fink, hat gesagt: Wenn wir von beiden Seiten kritisiert und von beiden Seiten Prügel kriegen, dann müssen wir irgendwas richtig machen.
Sie lassen sich nicht beirren? Auch nicht durch den Vorwurf, es sei Heuchelei, weil BlackRock immer noch der grösste Investor in Unternehmen der Öl- und Gasindustrie ist?
Wir nehmen das sehr ernst. Aber wir brauchen einen Übergangsprozess. Vielen geht das nicht schnell genug. Wenn man sich in diesen Prozess begibt und klar Stellung bezieht, dann wird man auch Kritik bekommen. Das bringt uns aber nicht von dem Weg ab.
Das Gespräch führte Karoline Arn.