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Erfolg von Bezahl-App Kritik an Twint wächst – nun spricht der Chef

Der Erfolg von Twint ist eindrücklich: Seit der Gründung 2016 ist die Zahl der Nutzenden auf aktuell gut sechs Millionen gestiegen. Der Twint-Chef über die Zukunft der Bezahl-App und die Kritik, Twint sei zu teuer.

Markus Kilb

Chef von Twint

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Markus Kilb (59) ist seit 2018 Chef der Schweizer Bezahl-App Twint. Zuvor war er während mehreren Jahren in verschiedenen Funktionen bei der italienischen Bank Unicredit in Deutschland tätig.

SRF News: 6 Millionen Nutzende bei einer Bevölkerung in der Schweiz von 9 Millionen. Kann Twint überhaupt noch weiterwachsen?

Markus Kilb: Ja, Twint kann durchaus noch deutlich weiterwachsen. Wir sehen weiterhin eine Zunahme der Anzahl Nutzenden, jeden Monat wachsen wir weiter. Wenn wir uns anschauen, wie häufig unsere Kunden Twint am Tag, in der Woche oder im Monat nutzen, dann zeigen sich auch dort weitere deutliche Potenziale. Bei der Anzahl der Transaktionen gibt es noch einen grossen Markt, in den wir reinwachsen können.

Bisher ist es nicht möglich, im Ausland mit Twint zu zahlen. Wann ist es soweit?

Wir sind auf den Schweizer Markt ausgerichtet. Dazu gehört aber auch, dass wir ausländische Händler, die für die Schweiz hochrelevant sind, angeschlossen haben. Man kann mittlerweile zum Beispiel bei Booking.com, Netflix oder auch Zalando bezahlen. Beim Bezahlen mit Twint im Ausland sind wir ständig im Austausch mit potenziellen Partnern, um zu sehen, welche Möglichkeiten es dort gibt.

Die Hürden für Twint im Ausland

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In einem Restaurant in Berlin oder London die Rechnung mit Twint zu begleichen, sei vorerst nicht möglich, erklärt Twint-Chef Markus Kilb. Es müssten noch verschiedene Aspekte geklärt werden; unter anderem technische und regulatorische. Auch die Währungsfrage sei offen. Bei internationalen Zahlungen müssen die Frankenbeträge jeweils in eine andere Währung umgetauscht werden.

Auch Geldüberweisungen zwischen Privatpersonen von Twint zu einem ausländischen Zahlungsanbieter funktionieren noch nicht. «Die ausländischen Payment-Systeme arbeiten zum Teil mit sehr unterschiedlichen Technologien», sagt Markus Kilb. «Von daher gibt es auch dort nur eingeschränkt eine Interoperabilität, zum Beispiel zwischen skandinavischen Ländern und Kontinentaleuropa. Es ist sehr komplex, dort Anschluss zu finden.»

Regelmässig sieht man an Zahlterminals den Hinweis «no Twint». Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?

Das freut mich natürlich nicht, aber es ist absolut atypisch. Wenn wir unseren Geschäftsverlauf ansehen, dann stellen wir fest, dass die Anzahl der Akzeptanzstellen täglich zunimmt. Die Konditionen verschiedener Zahlungsanbieter für Zahlungen mit Twint sind durchaus mit anderen Zahlungsmitteln vergleichbar. Von daher halten wir das für eine absolute Ausnahme. Aber wir kümmern uns auch um solche Fälle und sind für jeden Händler offen, der Fragen hat und der gerne ein Konkurrenzangebot für seinen aktuellen Acquirer haben möchte.

Was ist ein Acquirer?

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Ein Acquirer wickelt für ein Geschäft (online oder stationär) den gesamten Zahlungsprozess ab: Er stellt beispielsweise das Zahlterminal bereit oder die Möglichkeit, unterschiedliche Zahlungsmittel zu akzeptieren (zum Beispiel Debitkarten oder Twint).

Für die Zahlungsabwicklung erhebt der Acquirer eine Gebühr. Je nach Zahlungsmittel und/oder je nach Transaktion können diese Gebühren jedoch unterschiedlich sind.

Twint ist selbst auch ein Acquirer: Beispielsweise ermöglicht es die Firma, Hofläden oder Vereinen über einen QR-Code eine Zahlung abzuwickeln. Gleichzeitig schliesst Twint auch Verträge mit internationalen Acquirern (beispielsweise Worldline) ab, die den Geschäften ein Paket an Zahlungsmöglichkeiten anbieten (unter anderem Kreditkarten, Twint oder Reka-Cheques).

Der Detailhandelsverband Swiss Retail Federation hat bei der Wettbewerbskommission jüngst eine Anzeige eingereicht. Die Kritik: Twint sei im Vergleich zu anderen Zahlungsmitteln teuer. Was sagen Sie dazu?

Wir haben die Anzeige der Swiss Retail Federation zur Kenntnis genommen und sind ständig dabei, den Markt zu betrachten: wie wird Twint hinsichtlich der Preise im Handel positioniert? Meistens sind es nicht wir selbst, sondern externe Acquirer, die den Handel anbinden. Wenn wir dort die veröffentlichten Preise betrachten, dann stellen wir fest, dass Twint zu vergleichbaren Preisen wie Debitkarten angeboten wird und dass wir meist günstiger sind als Kreditkarten. Dort, wo Twint selbst der Acquirer ist und Händler anbindet, sind wir der günstigste Anbieter.

Es gibt keinen sachlichen Grund, warum Twint teurer angeboten werden sollte als andere Zahlungsmittel.

Trotzdem, woher kommen die regelmässigen Klagen, dass Twint vergleichsweise teuer sei?

Wir machen nur dort die Preise, wo wir einen direkten Vertrag mit Händlern haben, zum Beispiel beim QR-Code-Sticker. Auf Terminals machen die Acquirer die Konditionen, und entsprechend kennen wir auch die einzelnen Händlerverträge nicht. Es gibt keinen sachlichen Grund, warum Twint teurer angeboten werden sollte als andere Zahlungsmittel. Das zeigt sich ebenfalls daran, dass die öffentlich publizierten Preise der Zahlungsanbieter für Zahlungen mit Twint nicht höher sind als die der Kartenzahlungen.

Das Gespräch führte Matthias Heim.

SRF-Wirtschaftsredaktor: «Aussage gegen Aussage»

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Matthias Heim, Wirtschaftsredaktion Radio SRF, sagt: «Von aussen lässt sich nicht abschliessend beurteilen, welche Partei nun recht hat: jene Stimmen, die die hohen Gebühren für Twint kritisieren, oder Twints Argumentation.

Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass längst nicht überall die öffentlich publizierten Tarife (von Twint oder anderen Acquirern) zur Anwendung kommen. Oftmals werden bilaterale Verträge zwischen Geschäften und Acquirern oder zwischen den Acquirern und Twint geschlossen, die allesamt geheim sind. Je nach Umsatz werden beispielsweise Rabatte gewährt oder es kommen andere Gebühren zur Anwendung als die veröffentlichten. Letztlich steht Aussage gegen Aussage.»

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Rendez-vous, 22.9.2025, 12:30 Uhr ; 

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