Unfälle im Alter haben häufig schwerwiegende Folgen: lange Spitalaufenthalte, Einschränkungen der Mobilität oder Verlust der Selbstständigkeit. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) rechnet mit jährlichen Kosten von 1.7 Milliarden Franken durch Stürze älterer Erwachsener. Die Tendenz ist steigend – auch, weil immer mehr Menschen immer älter werden.
Spielend gesund werden
Rehazentren setzen darum vermehrt Videospiele für die Wiederherstellung der Gesundheit ein. Dabei lernen Patienten, sich nach bestimmten videobasierten Übungsmustern zu bewegen, um so etwa Verletzungen wie Bänderrisse oder Knochenbrüche gezielter zu trainieren. Dies geschieht mit Bewegungssensoren oder Spielkonsolen, die beispielsweise mit Fahrradergometern verbunden werden.
«Exergaming» heisst das in der Fachsprache, eine Mischung aus den englischen Wörtern « exercise» und « gaming» . «Wir erkennen klar einen positiven Effekt, allein schon dadurch, dass die Patienten mehr Spass bei der Rehabilitation haben», sagt Stefan Bachmann, leitender Facharzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation am Rehazentrum Valens. Ein vollständiger Ersatz für das traditionelle Training sei es aber nicht.
Wachsender Milliardenmarkt
Der Markt für digitale Helfer wächst laut der weltweiten Marktdatenbank Statista markant. Allein in diesem Jahr soll im Health-Tech-Bereich weltweit ein Umsatz von über 177 Milliarden Euro (169.4 Milliarden Schweizer Franken) erreicht werden. In den nächsten fünf Jahren rechnen Experten mit Umsätzen von über 250 Milliarden Euro pro Jahr.
Davon profitieren will auch das Zürcher Start-up Spehry. Es hat in Zusammenarbeit mit der Reha Rheinfelden den sogenannten «Exercube» entwickelt. Dieser sieht aus wie ein grosser Würfel, der auf einer Seite offen ist.
Die Patienten stellen sich in die Mitte des Würfels. Auf dessen drei Seiten wird ein Computerspiel projiziert. Dann absolvieren sie beispielsweise speziell auf eine bestimmte Verletzung programmierte Science-Fiction-Spiele oder kämpfen gegen einen virtuellen Roboter.
«Wir wissen aus sehr vielen Studien, dass Exergaming tatsächlich etwas bringt», sagt Anna Martin Niedecken, Sportwissenschaftlerin, Game-Designerin und Chefin von Sphery. Entsprechend gross sei auch das Interesse der Investoren an dieser Technologie.
Positive Aspekte auch in der Demenzforschung
An der Universität Bern forscht Psychologin Esther Brill seit vier Jahren am Einfluss von Videospielen auf Demenzerkrankungen. Zusammen mit dem Game-Designer Mike Falkner entwickelt sie Videospiele, die an Minecraft erinnern – für ältere Menschen, um deren Gedächtnis und Feinmotorik zu trainieren.
Erkrankte berichteten nach mehrmonatigen Trainings, dass ihre Lebensqualität und ihre Kognitionsfähigkeit zugenommen hätten, so Brill: «Die Reaktionszeit der Patienten verbessert sich, die Aufmerksamkeitsspanne nimmt zu. Allgemein kommen sie damit im Alltag besser zurecht.»
Gesunde Personen würden ihre kognitiven Fähigkeiten mit solchen Spielen jedoch kaum verbessern. Bei dieser Personengruppe führten die Spiele eher dazu, dass die Angst, an Demenz zu erkranken, rückläufig sei. Exergames oder Videospiele in der Therapie hätten klar erkennbare Vorteile: Herkömmliche Therapien oder medikamentöse Behandlungen würden sie aber nicht ersetzen.