- Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé hat CEO Laurent Freixe mit sofortiger Wirkung abgesetzt.
- Der Schritt folgt auf eine Untersuchung zu einer nicht offengelegten romantischen Beziehung Freixes mit einer ihm direkt unterstellten Mitarbeiterin, wie das Unternehmen mitteilte.
- Der Verwaltungsrat sah im Verhalten von Freixe einen Verstoss gegen den Nestlé-Verhaltenskodex sowie interne Richtlinien.
- Der Verwaltungsrat ernannte Nespresso-CEO Philipp Navratil zum neuen Konzernchef.
Die Untersuchung gegen Freixe wurde unter Aufsicht vom abtretenden Verwaltungsratspräsidenten Paul Bulcke und dem designierten neuen Verwaltungsratspräsidenten Pablo Isla geführt. Bulcke liess sich in der Mitteilung mit den Worten zitieren, die Entscheidung sei notwendig gewesen: «Nestlés Werte und Governance bilden das solide Fundament unseres Unternehmens.» Gleichzeitig dankte er Freixe für dessen langjährigen Einsatz.
Die Liebesbeziehung zwischen Freixe und einer Mitarbeiterin flog erst durch eine zweite Untersuchung auf. Externe Nachforschungen brachten die Beziehung schliesslich an den Tag, sagte ein Nestlé-Sprecher der Nachrichtenagentur AWP.
Im Mai dieses Jahres sei dem Verwaltungsrat über interne Kanäle erstmals von der Beziehung berichtet worden, sagte der Sprecher. Das Gemium leitete daraufhin eine interne Untersuchung ein. Diese erbrachte den Angaben zufolge keinen Nachweis für eine Beziehung und damit kein Fehlverhalten des Chefs.
Danach gab es weitere interne Meldungen, wie der Sprecher sagte. Darum führte Nestlé eine breiter angelegte Untersuchung mit Hilfe einer unabhängigen externen Rechtsberatung durch. Welche Mittel zum Einsatz kamen sagte der Sprecher nicht.
Keine Abgangsentschädigung
Freixe verstiess mit dem Verschweigen der Beziehung gegen den Firmenkodex. Das Paar hätte diese offenlegen müssen. Die involvierte Frau arbeitet dem Vernehmen nach inzwischen nicht mehr bei Nestlé.
Weitere Sanktionen gegen Freixe gibt es nach Angaben des Firmensprechers nicht. Er muss allerdings auf eine Abgangsentschädigung verzichten. «Bei dieser Form der Trennung ist keine Abgangsentschädigung vorgesehen».
Halbjahreszahlen sorgten für Kurseinbruch
Freixe war nur gerade mal ein Jahr als CEO im Amt. Für das Unternehmen allerdings arbeitete er seit 1986. Er stand seit geraumer Zeit in der Kritik. Der Franzose bekundete Mühe damit, die Investoren von seinem Turnaround-Plan zu überzeugen. Zuletzt sorgten die Halbjahreszahlen für einen Kurseinbruch.
Dabei hatte es anfangs so gut ausgesehen: Nach einem sehr schwachen 2024 hatten die Nestlé-Aktien ein sehr starkes erstes Quartal und waren damit längere Zeit grösster Gewinner im SMI – doch dann haben sie einen grossen Teil dieser Gewinne wieder eingebüsst.
Ein Schweizer übernimmt den Chefposten
Der neue CEO Philipp Navratil ist seit 24 Jahren bei Nestlé. Er begann seine Karriere bei Nestlé im Jahr 2001 in der internen Revision. Vor einem Jahr wurde er zum Nespresso-Chef ernannt. Seit Anfang Januar sitzt Navratil in der Konzernleitung.
Navratil erklärte: «Es ist ein Privileg, Nestlé in die Zukunft führen zu dürfen. Ich unterstütze voll und ganz die strategische Ausrichtung des Unternehmens, sowie den schon in Gang gesetzten Aktionsplan um die Leistung von Nestlé zu stärken.» Zudem wolle er mit dem Verwaltungsrat, dem Präsidenten Paul Bulcke und dem designierten Präsidenten Pablo Isla daran arbeiten, die Umsetzung der Strategie zu beschleunigen, so Navratil weiter.