Die Zahlen sind eindrücklich: Jede fünfte Person ist laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) übergewichtig. Fast jede zehnte Person ist fettleibig – doppelt so viele wie noch 1980.
«Übergewicht ist eine normale Antwort auf eine abnormale Kalorienzufuhr», erklärt Linda Fried das Phänomen. Die Ursache sei nicht etwa in den Genen zu suchen, sondern in externen Faktoren, sagt die amerikanische Gesundheitsprofessorin. Als Beispiel nennt sie die veränderte Zusammensetzung von Lebensmitteln.
Gesundheitskosten explodieren
Auch die körperliche Aktivität in der Bevölkerung habe über die letzten Jahre dramatisch abgenommen, sagt Lisa MacCallum Carter vom Sportartikel-Hersteller Nike. Neue Studien zeigten: US-Bürger bewegen sich 32 Prozent weniger als 1967. In China sei die körperliche Aktivität innerhalb einer halben Generation gar um 45 Prozent gesunken. «Fettleibigkeit wird in naher Zukunft die Wirtschaft ruinieren», ist sich MacCallum Carter sicher.
Fettleibigkeit kostete die USA gemäss Schätzungen im Jahr 2008 fast 150 Milliarden Dollar – doppelt so viel wie zehn Jahre zuvor.
Sind die Lebensmittelfirmen schuld, die immer mehr verkaufen wollen? «Wir sind eine Lebensmittelfirma, natürlich verkaufen wir da Lebensmittel», verteidigt sich Nestlé-Chef Paul Bulcke. Doch die Gesellschaft brauche eben Sündenböcke, und da komme Nestlé als weltweit tätiges Unternehmen sehr gelegen.
Meetings auf dem Laufband
Nike habe aus seiner Forschung zwei Erkenntnisse gewonnen, sagt Lisa MacCallum Carter. Vorlieben würden im Kindesalter festgelegt. «Inaktive Kinder erfahren Vergnügen vor dem TV. Wir müssen ihnen zeigen, dass auch Bewegung Spass macht.» Aktive Kids seien besser in der Schule, sie seien kreativer und innovativer. Zweitens müssten Erwachsene körperliche Aktivität wieder in den Alltag einbauen. Erwähnt wird dabei ein CEO am WEF, der alle seine Meetings auf dem Laufband abhalte.
Marc Van Ameringen von der Globalen Allianz für verbesserte Ernährung (Gain) hält den Finger auch auf die staatlichen Subventionen: Mais-Sirup werde in den USA viel stärker subventioniert als Früchte und Gemüse. Die staatlich verordnete Anreicherung von Grundnahrungsmitteln funktioniere in Ländern mit Mangelernährung. Er sehe keinen Grund, warum solche Verordnungen nicht auch in Ländern mit starkem Übergewicht erfolgreich sein könnten. In einem Punkt sind sich die Podium-Teilnehmer einig: Wenn die Regierungen keine zentrale Rolle spielen, wird der Kampf gegen die Fettleibigkeit chancenlos bleiben.