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Weltmarke Caran d'Ache Neue Farbstiftfabrik im teuren Genf – wie soll sich das lohnen?

Caran d'Ache glaubt an weitere 50 Jahre in der Schweiz. Ein Rundgang mit dem «Chefkoch» in der Genfer Farbenküche.

Die Schule beginnt wieder – und wieder landen in vielen Etuis Farbstifte aus Genf. Dort produziert die Firma Caran d'Ache seit 110 Jahren. Eric Vitus ist bei Caran d'Ache der Herr der Farben.

«Ich bin seit Jahrzehnten Chefkoch», sagt er. Seit 37 Jahren ist er zuständig für die Herstellung von Wasser- und Acrylfarben, Wachs- und Farbstiften. Er vergleicht seine Fabrik mit einem Sternerestaurant. Das Savoir-faire für alle Arten von Schreibwaren und Künstlerbedarf, in einer einzigen Fabrik, in einem kleinen Kanton, in einem kleinen Land – das sei einzigartig.

Vom Pigment zum Stift

Hunderte Farbtöne werden hier produziert. «Hier geben wir Pigmente rein und machen einen Teig wie diesen», sagt Vitus und zeigt auf eine grasgrüne Masse, die in einer grossen Teigmaschine dreht. Die «Sauce» besteht aus Stärke, Ölen, Harzen und fein gemahlenen Pigmenten.

Eric Vitus
Legende: Eric Vitus – seit fast vier Jahrzehnten gibt er bei Caran d'Ache den richtigen Farbton vor. SRF/Roman Fillinger

«Manchmal verwenden wir sieben oder acht verschiedene Pigmente, um eine Nuance zu erzielen. Der Preis der Pigmente bestimmt, wie teuer eine Farbe ist», erklärt Vitus.

Der Teig wird zu einer langen Spaghetti gepresst, die auf die Länge einer Farbstiftmine zugeschnitten wird. Dann geht es ab in drei verschiedene Trockner, danach in ein Wachsbad und erneut in die Trockner. Erst nach Tagen sind die Minen fertig. Ein Riesenaufwand für ein vermeintlich simples Produkt.

Millioneninvestition trotz Digitalisierung

«Man muss verrückt sein, um eine neue Fabrik für Künstlerbedarf zu bauen», sagt Eric Vitus. Doch genau das plant Caran d'Ache. Im September wird der Grundstein gelegt. Die neue Fabrik soll effizienter und ressourcenschonender sein.

Zedernbrettchen.
Legende: Aus jeweils zwei solcher Brettchen aus Zedernholz werden zehn Farbstifte angefertigt. SRF/Roman Fillinger

Doch kann sich eine neue Fabrik im teuren Genf lohnen, wo immer weniger Menschen von Hand schreiben? Isabelle Clerc, bei Caran d’Ache zuständig für Marketing und Verkauf, sagt: «Die Produktion in Genf ist eine Garantie für exzellente Qualität, Präzision und Nachverfolgbarkeit. Der Standort ist Teil unserer Identität.»

Der Schweizer Markt, insbesondere die Schulen, ist wichtig für die Firma. Doch Caran d'Ache hat hierzulande auch Konkurrenz. Zürcher Schulen kaufen zum Beispiel bei der deutschen Konkurrenz, die günstiger offeriert hat.

Der Firma geht es gut. Wir wollen das Savoir-Faire bewahren und trotz stärkerer Automatisierung kein Personal abbauen
Autor: Isabelle Clerc Chefin Marketing und Verkauf, Caran d’Ache

Clerc wischt den verlorenen Auftrag vom Tisch. «Der Firma geht es gut», sagt sie. Genaue Zahlen gibt das Familienunternehmen nicht bekannt. Auch zu den neuen Zöllen in den USA sagt Caran d'Ache nichts Handfestes.

Farben.
Legende: Jedes Pigment hat seine eigene Schaufel. Die richtige Mischung für hunderte von Farbtönen ist Präzisionsarbeit. SRF/Roman Fillinger

Zu vermuten ist, dass sie der Firma zusetzen werden. Die USA sind ein wichtiger Markt, die Produkte von Caran d'Ache zwar von hoher Qualität, aber mehrheitlich nicht so exklusiv, dass der Preis keine Rolle spielen würde.

Die neue Fabrik finanziert das Unternehmen durch den Verkauf von Wohnungen auf dem alten Fabrikareal. Die neue Fabrik sei Teil der langfristigen Orientierung von Caran d'Ache. «Wir wollen das Savoir-Faire bewahren und trotz stärkerer Automatisierung kein Personal abbauen», so Clerc.

Eine Schachtel mit bis zu 120 verschiedenen Farbstiften ist ein logistischer Wahnsinn.
Autor: Eric Vitus Produktionschef bei Caran d'Ache

Noch werden in der alten Fabrik Rillen in Zedernbrettchen gefräst, Minen eingeklebt, Stifte ausgeschnitten, gespitzt, sechs Mal lackiert und beschriftet: Caran d'Ache. Swiss made.

Farbstifte
Legende: Bei der 1915 gegründeten Firma Caran d'Ache werden Farbstifte in hunderten von Farben hergestellt. Die Palette in allen Nuancen ist riesig. SRF/Roman Fillinger

«Die Stifte sind fertig und kommen jetzt in die Schachtel», sagt Vitus. Doch auch das ist komplizierter als man denkt. Eine Schachtel mit bis zu 120 verschiedenen Farbstiften sei ein logistischer Wahnsinn. Fehle eine einzige Farbe, gehe gar nichts. Das wird sich auch in der neuen Fabrik nicht ändern, wo Caran d’Ache für die nächsten 50 Jahre produzieren will.

Was heisst «Caran d'Ache»?

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Caran d'Ache heisst auf Russisch «Bleistift». Dies leitet sich vom Türkischen «kara-tash» ab, was «schwarzer Stein», also Graphit, bedeutet.

Echo der Zeit, 18.08.2025, 18:00 Uhr

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