Um griffige Formulierungen ist IWF-Chefin Christine Lagarde nie verlegen: Zur Lösung der drängenden Probleme der Weltwirtschaft empfahl die eloquente Französin den Finanzministern und Notenbankchefs, sich die berühmte peruanische Küche zum Vorbild zu nehmen.
Die mische auch die besten Rezepte der Welt zusammen und verfeinere sie ständig. Genauso müssten es die IWF-Mitgliedsländer machen, um ihre Volkswirtschaften aus dem Wachstumstal herauszuführen. So hübsch das klingt: Handfeste Vorschläge sehen anders aus.
Die hat der IWF im Moment nicht zu bieten. Der Währungsfonds sei nicht fähig, eine gute Lösung zu finden, sagt Harold James, der an der Universität Princeton Geschichte und Internationale Beziehungen lehrt, und die Politik des Währungsfonds schon lange verfolgt.
Aufstrebende Länder haben wenig zu melden
Dass es Probleme gibt, bestreitet IWF-Chefin Lagarde gar nicht. Sie sind auch zu offensichtlich: Der Währungsfonds ist in seiner Entscheidungsfähigkeit blockiert. Nach wie vor dominieren die grössten Mitgliedsländer aus den USA und Europa die Politik. Sie haben quasi im Alleingang entschieden, europäischen Ländern wie Griechenland oder der Ukraine riesige Kredite zu gewähren, die risikoreich und hochumstritten sind.
Aufstrebende Länder wie China – inzwischen die zweitwichtigste Wirtschaftsmacht der Welt – kritisieren das. Aber: Sie haben nicht viel zu melden. Eine vor fünf Jahren beschlossene Reform sollte das zwar ändern, aber die Gouvernanz-Reform hängt im US-Kongress fest. China hat inzwischen reagiert und eine eigene Entwicklungsbank gegründet. Unter eigener Führung.
Die Reform-Blockade stelle die Glaubwürdigkeit der Institution insgesamt in Frage, warnt sogar Lagarde in ihrer Bilanz der Jahrestagung. Sie appellierte an die USA, die Reform endlich umzusetzen – und damit die Handlungsfähigkeit der multilateralen Institution, die nach dem Zweiten Weltkrieg auch von den USA gegründet worden war, wiederherzustellen. Viel mehr hatte sie nicht zu sagen in ihrer Bilanz – was für sich spricht.
IWF ohne Antworten
Die Unfähigkeit des IWF, Lösungen zu finden, zeichne sich am deutlichsten bei der Geldpolitik ab, sagt Harold James. Viele Länder stimulierten ihre Wirtschaft derzeit mit einer Politik des billigen Geldes. Die USA, Japan, auch die Europäische Zentralbank.
Das Drohpotenzial einer Währungskrise wie in den 30er-Jahren könne nur durch internationale Koordination gelöst werden, sagt der Professor. Das sei Aufgabe des IWF, als Hüter der Finanzstabilität. Doch der habe keine Antworten, empfehle stattdessen seinen Mitgliedsländern, die lockere Geldpolitik vorerst fortzusetzen – trotz beträchtlicher Nebenwirkungen wie der wachsenden Verschuldung vieler Entwicklungsländer. Diese droht zu einer neuen Gefahr für die Finanzstabilität zu werden.
Hin zu neuen Problemen
Die Politik des lockeren Geldes stösst auch in der Schweiz auf Kritik. Auf Dauer könne das nicht funktionieren, sagt Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, die ebenfalls in Lima ist. «Es braucht dann auch die Frage der Strukturreformen, die Frage eines ausgeglichenen Haushalts. Nur Schulden zu machen und eine lockere Geldpolitik kann im Moment ein Mittel sein, wird aber auf die Dauer genau das Gegenteil bewirken.»
Das dürfte auch dem IWF bewusst sein. Ohne die alten Probleme gelöst zu haben, wendet der sich aber längst neuen Problemen zu, die zu einer Bedrohung für das Finanzsystem zu werden drohen: wie dem Klimawandel oder den wachsenden Flüchtlingsströmen.