Die Credit Suisse (CS) eröffnete die Berichtssaison der grossen europäischen Finanzinstitute. Die zweitgrösste Schweizer Bank verbuchte im zweiten Quartal ein Minus von 700 Millionen Franken – das ist der höchste Verlust seit der Finanzkrise von 2008. Verantwortlich dafür ist die Busse von 2,8 Milliarden Dollar nach der Einigung im Steuerstreit mit den USA.
«Solides» Quartalsergebnis
Die Busse drückte auf das Ergebnis des Private Banking, wo ein Vorsteuerverlust von 752 Millionen Franken anfiel. Die Bank hatte für den Steuerstreit nur 800 Millionen zurückgestellt, wie SRF-Wirtschaftsredaktorin Marianne Fassbind sagt. Nun habe sie den fehlenden Rest möglichst rasch abschreiben wollen und dafür den Millionenverlust in Kauf genommen. Insgesamt sei das Quartalsresultat aber «solid», so Fassbind.
Wachstum aus Asien und der Schweiz
Im Private Banking habe die CS allerdings einen Ertragsrückgang verzeichnet, weil die Margen im zweiten Quartal tiefer ausfielen und in Europa weiterhin 4,1 Milliarden Franken an unversteuerten Geldern abflossen als Folge von Kontenschliessungen.
«Vielleicht haben Kunden weniger oder nicht bei uns gehandelt, oder gar ihre Konten geschlossen und uns verlassen», sagte CS-Chef Brady Dougan dazu. Es gebe in jedem Quartal Geldabflüsse, und es sei nicht immer klar, weswegen Kunden Geld abzögen.
Allgemein blieb das Vertrauen der Kunden in die CS aber hoch: Der Bank flossen neue Gelder im Umfang von netto 10,1 Milliarden Franken zu, was über den Erwartungen der Analysten liegt.
Zu diesem Wachstum trugen indessen nur Asien und die Schweiz bei. «In Europa und in Südamerika verzeichnete die CS kein Wachstum», betont SRF-Wirtschaftsredaktorin Fassbind. Per Ende Juni verwaltete die CS Vermögen von total 1‘330 Milliarden Franken.
Investmentbanking besser als US-Konkurrenz
Während das üblicherweise stabile Private Banking für den Konzernverlust verantwortlich war, schnitt das Investmentbanking besser ab als erwartet. Die Sparte konnte den Vorsteuergewinn im zweiten Quartal mit 752 Millionen fast halten.
Im Aktienemissionsgeschäft und im Anleihengeschäft erwirtschaftete Credit Suisse deutlich mehr Erträge. Damit hebt sie sich von den US-Investmentbanken ab, welche die Flaute im Handel mit Anleihen, Devisen und Rohstoffen deutlich zu spüren bekamen.
Ausstieg aus Rohstoffhandel überrascht
Für Fassbind kommt der Ausstieg aus dem Rohstoffhandel deshalb auch etwas überraschend. Der Umbau des Investmentbankings sei ja schon weit gediehen, zudem verbessere sich das Rohstoffgeschäft tendenziell.
Zu sehen sei der Verzicht auf den Rohstoffhandel vor allem vor dem Hintergrund der gesunkenen Kernkapitalquote der Bank. Denn dieses Geschäft ist risikoreich und sehr volatil und muss deshalb mit viel Kapital hinterlegt werden. Geld, das die CS anderswo effizienter einsetzen kann.
Doch die Bank gibt nicht nur das Rohstoffgeschäft auf, sie baut in der Investmentsparte auch im Zinsgeschäft ab (Konzentration auf weniger Produkte) und richtet das Devisengeschäft neu auf den elektronischen sowie den Handel am Telefon aus. Der Umbau der drei Tätigkeiten (Rohstoff-, Zins- Devisengeschäft) werde Einsparungen von 200 Millionen Dollar bringen, sagte Finanzchef David Mathers.
Steuerstreit: Verständnis für erboste Mitarbeiter
CS-Chef Dougan zeigte auch Verständnis für die Enttäuschung der Mitarbeiter, deren Namen wegen des Steuerstreits den US-Behörden bekannt gegeben würden. Anfang Juli hatte die CS über 1000 Mitarbeitern in einem Brief mitgeteilt, dass deren Namen offengelegt werden.
Die Offenlegung der Namen sei Teil des Abkommens zwischen der Schweiz und den USA vom letzten Jahr zur Beilegung des Konflikts.
Der Steuerstreit wurzle in Problemen, die vor vielen Jahren entstanden seien, sagte Dougan weiter: «Am Ende des Tages müssen wir da durch, um es hinter uns zu bringen.» Dougan hatte gegenüber den US-Untersuchungsbehörden stets betont, nichts von den illegalen Steuergeschäften gewusst zu haben. Für SRF-Wirtschaftsredaktorin Fassbind stellt sich damit allerdings dringlich die Frage, ob er und das Management der Bank ihre Kontrollfunktion genügend wahrgenommen haben.