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Wirtschaft «Die Situation auf dem Arbeitsmarkt wird sich verschlechtern»

Nach dem Franken-Schock hat die Konjunkturforschungsstelle ihre Prognose für das Jahr 2015 korrigiert. Sie rechnet neu mit einer rückläufigen Wirtschaftsleistung, trotz erhöhter Kaufkraft. KOF-Leiter Jan-Egbert Sturm sagt, weshalb.

SRF News: Herr Sturm, wann rechnen Sie nach Ihrer Prognose damit, dass der Umschwung in diesem Jahr einsetzt?

Jan-Egbert Sturm

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Aufnahme von KOF-Leiter Jan-Ebgert Sturm.
Legende: Keystone

Er ist seit Ende 2005 Professor für Angewandte Makro- ökonomie und Leiter der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH in Zürich. Neben der Barbeitung von konjunkturellen Fragestellungen konzentrieren sich seine Forschungs- interessen auch auf aktuelle Wirtschaftsprobleme.

Jan-Egbert Sturm: Fürs erste Quartal gehen wir immer noch von einer leicht positiven Wachstumsrate aus. Im zweiten Quartal, Frühjahr-Sommer, beginnen die Wachstumsraten ins Negative zu rutschen. Man sieht, dass wir uns formal in eine Rezession reinbewegen werden. Wir erwarten einen Rückgang von einem halben Prozent.

Wie lange rechnen Sie, wird der Abschwung dauern?

Aus der jetzigen Perspektive gehen wir davon aus, dass es eine relativ kurze Rezession sein wird. Aber das ist mit Unsicherheiten behaftet. Im Moment gehen wir davon aus, dass wir uns im Sommerhalbjahr eher im negativen Bereich befinden. Und dass wir uns dann wieder in Richtung einer etwas positiveren Wachstumsrate bewegen.

Wie steht es mit dem Inlandkonsum? Bleibt der stabil?

Sicherlich ist er zu Anfang stabil. Wir sehen, dass die Kaufkraft zugenommen hat und das stimuliert die Wirtschaft erstmal. Das ist eine gewisse Kompensation für die Verluste, die im Export entstehen. Aber auch da wird es immer wichtiger werden, wie sich die Arbeitsmarktsituation entwickelt. Die Gehaltsentwicklungen werden sich vielleicht anders entwickeln als wir vor Monaten gedacht hatten. Das schlägt sich dann auf die Konsumlaune nieder. Trotzdem bleibt in unserer Prognose der Konsum in diesem Jahr ein stützender Faktor.

Rezession – bedeutet das konkret mehr Arbeitslose?

Tatsächlich gehen wir davon aus, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt allmählich verschlechtert, allerdings nicht von heute von auf morgen. Die ersten Auswirkungen sehen wir zunächst im Exportbereich und dann bei den Investitionen. Aber es werden auch weniger Leute eingestellt werden. Dadurch kann die Arbeitslosenquote steigen, insbesondere Ende des Jahres und im nächsten Jahr.

Welche Branchen wird die prognostizierte Rezession am stärksten treffen?

Der Exportsektor und der Tourismus werden stark betroffen sein. Die Unternehmen werden sich überlegen, wie sie mit dem starken Franken umgehen. Das könnte die Beschäftigunglage und danach auch die Binnenkonjunktur treffen.

Was braucht es, damit Ihr eher düsteres Szenario nicht eintritt?

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Das Wichtigste bei dieser Prognose ist die Annahme, dass sich der Euro-Franken-Kurs weiter um die Parität bewegt. Wenn das nicht eintritt und sich der Schweizer Franken wieder Richtung 1.10, 1.20 bewegen würde, dann ist das geschilderte Szenario deutlich zu düster und müsste revidiert werden.

Ein zweiter Grund für eine angepasste Prognose könnte sein, dass sich die internationale und vor allem die europäische Konjunktur kräftiger entwickelt als wir annehmen. So könnte auch der Exportsektor eine gewisse Kompensation für die starke Aufwertung des Frankens liefern.

Der Entscheid der Schweizerischen Notenbank löste einen Schock aus. Kann man unter diesen Umständen überhaupt gute Prognosen machen?

Es ist ganz klar, dass diese Prognose sehr abhängig von der Wechselkursannahme ist. Die Unsicherheit ist in dieser Situation grösser, die Prognose muss mit Vorsicht genossen werden.

Das Gespräch Salvador Atasoy.

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