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Wirtschaft Grosse Banken sind schlecht für die Wirtschaft

Wenn der Finanzsektor in den Industrieländern weiterhin so schnell und stark wächst, wird er das Wirtschaftswachstum eher hemmen als stärken. Das kann für einzelne Länder zum Problem werden, sagt OECD-Direktor Christian Kastrop.

SRF News: Sie sagen in Ihrer Studie, dass Wirtschaftswachstum ab einem bestimmten Punkt gehemmt wird. Ab welchem Punkt?

OECD-Direktor Christian Kastrop: Wir haben eine sehr langfristige Analyse gemacht. Und das Ergebnis, das wir statistisch gefunden haben, ist: In dem Moment, wenn das Kreditwachstum oberhalb von 100 Prozent des Volkseinkommens steht, wird ein weiteres Kreditwachstum eher negativ sein.

In welchen Ländern ist dieser Punkt erreicht?

Eine ganze Reihe von Ländern sind über dieser Grenze von 100 Prozent. Auch die Schweiz gehört dazu; Südafrika, Luxemburg, Grossbritannien, USA, Kanada, Schweden und Österreich. Das sind die Länder, die darüber liegen. Man darf aus dem Ergebnis unserer Studie aber auch nicht ableiten, dass nun in jedem Fall – zum Beispiel in der Schweiz – ein weiteres Kreditwachstum negativ ist.

Die Deregulierung der Finanzmärkte aus den Nullerjahren wurde wegen der Finanzkrise teilweise wieder rückgängig gemacht. War das nicht genug?

Wir sind der Meinung, dass man Deregulierungen zumindest kritisch prüfen sollte. In einzelnen Staaten ist sicherlich zu sehr dereguliert worden.

Bleiben wir bei der Schweiz: Wird nun unser Wirtschaftswachstum gehemmt?

Die Statistik sagt, es gibt eine Wahrscheinlichkeit. Wenn das Kreditwachstum weiterhin stark ansteigt, ist das nicht unbedingt ein Beitrag zu mehr Wirtschaftswachstum. Es kommt aber auf viele andere Umstände an.

Sie haben einen Befund gestellt. Geben Sie auch Ratschläge?

Ein Ratschlag ist, wie schon erwähnt, sich die Deregulierung noch einmal anzuschauen und das zu tun, was viele Länder nach der Krise getan haben: Sie haben ganz gezielt re-reguliert. Ein weiterer Punkt ist der, dass man reagiert, wenn in einzelnen Gruppen von Finanzinstituten bestimmte Schwellenwerte überschritten werden – etwa bei Versicherungen oder Banken. Damit eine besondere Regulierung greift, oder dass für solche Fälle besondere Mittel hinterlegt werden müssen. Das macht die Schweiz, das machen auch viele andere Länder in Europa und weltweit.

Man sollte volkswirtschaftlich relevante Banken, die bei einem Zusammenbruch das ganze Land gefährden, kleiner machen.

Ein weiterer Aspekt sind sicherheitsempfindliche Banken. Wenn diese in Probleme geraten, können sie grossen Schaden für die Volkswirtschaft anrichten. Dafür gibt es Garantien; direkte, aber auch implizite. Eine solche Subvention kann aber dazu führen, dass das Kreditwachstum noch stärker wächst, als wenn man ein höheres Risiko eingeht. Man sollte auch darüber nachdenken, ob man volkswirtschaftlich relevante Banken, die bei einem Zusammenbruch das ganze Land gefährden, nicht kleiner machen sollte. Etwa indem man sehr grosse Banken einfach aufteilt.

Sie kritisieren, dass der Finanzsektor gute Leute aus anderen Sektoren abwirbt. Ist das nicht das Gesetz von Angebot und Nachfrage und nicht regulierbar?

Wir wollen das nicht unbedingt regulieren. Wir wollten nur auf das Risiko hinweisen. Es ist so, dass der Finanzsektor im Verhältnis zu anderen Sektoren überdurchschnittliche Löhne zahlt. Auch im Vergleich zu anderen, sehr erfolgreichen Wirtschaftssektoren wie etwa im Technologiebereich. Es ist ein Vermutung, die auch durch Ergebnisse bestätigt wird, die wir aus anderen OECD-Bereichen kennen: Die Beschäftigten wandern in den Bereich ab, der die höchsten Löhne zahlt.

Das bedeutet aus unserer Sicht aber nicht automatisch, dass das auch die Sektoren sind, in denen der grösste Wachstumsbeitrag erwirtschaftet wird. Damit sind wir wieder bei unserer Studie: Für manche Länder ist es nicht sehr glücklich, wenn Arbeitskräfte in einen Sektor gelockt werden, der, wenn er weiter wächst, mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht mehr zum Wirtschaftswachstum beiträgt.

Das Gespräch führte Peter Vögeli.

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