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Wirtschaft «Nächster Akt in diesem Drama findet im Gerichtssaal statt»

Die Aktionäre des Schweizer Bauchemiekonzerns Sika haben die Machtübernahme durch die französische Saint-Gobain vorerst vereitelt. Somit ist der nächste Streit zwischen der Besitzerfamilie und dem Verwaltungsrat bereits vorprogrammiert – und zwar im Gerichtssaal.

Nach der Generalversammlung der Sika ist ein juristisches Hick-Hack zu erwarten. Die Erben haben bereits angekündigt, rechtliche Schritte einzuleiten.

Der sieben Stunden GV-Marathon

Zum einen dürfte die Schenker-Winkler-Holding (SWH) – dort hat die Familie ihre Aktien eingebracht – auf die Stimmrechtsbeschränkung reagieren. Zum anderen dürfte sie Verantwortlichkeitsklagen gegen die kritischen Verwaltungsräte anstrengen.

Letzteres wird möglich, weil Hälg und weiteren unabhängigen Verwaltungsräten die Entlastung verweigert wurde. Bei den entsprechenden Abstimmungen über die Décharge waren die Stimmrechte der SWH nicht beschränkt, die Erben konnten sich also mit ihrer Stimmenmehrheit durchsetzen.

«Das ganze Ergebnis dieser Generalversammlung hat etwas sehr vorläufiges an sich», betont auch SRF-Wirtschaftsredaktor Christian Kolbe. Die Besitzerfamilie sei zwar im Moment entmachtet, aber sie werde alles daran setzen, ihre Rechte vor Gericht wieder einzufordern.

Der Weg für solche Klagen vor Gericht sei laut Kolbe auch bereit. Denn die Besitzerfamilie habe den ihr nicht genehmen Verwaltungsräten rund um Verwaltungsratspräsident Paul Hälg die Entlastung nicht erteilt. «Das macht nun den Weg frei für Verantwortlichkeitsklagen», erklärt Kolbe.

Der nächste Akt in diesem Drama rund um Sika, wird nicht in der Waldmannhalle hier in Baar stattfinden, sondern in einem Gerichtsgebäude.
Autor: Christian Kolbe SRF-Wirtschaftsredaktor

Beide Parteien zeigen sich zuversichtlich, dass sie vor Gericht Erfolg haben werden. Sicher scheine aber nur, dass dies ein sehr langer juristischer Streit werden könnte, der möglicherweise erst vor Bundesgericht enden werde, prognostiziert Kolbe weiter.

«Juristischer Totalschaden»

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Legende: keystone

An der Generalversammlung hat sich der Sika-Verwaltungsrat durchgesetzt: Die Stimmrechtsaktien der Gründerfamilie Burkard wurden beschränkt, ein Verkauf vorerst blockiert. Wirtschaftsprofessor Peter V. Kunz zur Rechtslage .

Die Lage bei Sika ist nun verzwickt. Der Verwaltungsratspräsident habe zwar eigentlich einen respektablen Sieg davongetragen, aber in dieser ganzen Geschichte gebe es nur Verlierer, so der SRF-Wirtschaftsexperte.

«Die Konzernleitung von Sika, das Verwaltungsratspräsidium und der Verwaltungsrat haben jetzt einen Mehrheitsaktionär im Nacken, mit dem sie heillos zerstritten sind.

Aber auch die Besitzerfamilie gehört zu den Verlierern, denn die können mit den Aktien, die sie halten, nicht das machen, was sie eigentlich wollen.»

Saint-Gobain hält an Übernahme plan bei Sika fest

Der französische Industriekonzern Saint-Gobain nahm Kenntnis von den GV-Beschlüssen und bekräftigte seine Entschlossenheit zur Übernahme der Kontrolle am Schweizer Baustoffhersteller.

Saint-Gobain habe «volles Vertrauen in die Schweizer Gerichte, damit die Erben-Familie ihre Rechte in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen wiedererlange. Die Beschränkung der Stimmrechte sei rechtswidrig, heisst es in einem Communiqué weiter.

Zeit verstreichen lassen

Das Beste wäre wohl, man liesse jetzt ein paar Wochen oder Monate ins Land ziehen und würde sich dann gemeinsam an einen Tisch setzen um eine einvernehmliche Lösung im Sinne aller Konfliktparteien auszuhandeln, schlägt Christian Kolbe vor.

Es gehe hier um eine Schweizer Industrieperle mit vielen Tausenden Mitarbeitenden. «Und diese sollte es doch allen Beteiligten wert sein, nochmal einen Effort zu machen und sich endlich zusammenzuraufen,» betont Kolbe.

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