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Wirtschaft Verkauf von Sika fürs Erste abgewehrt

Bei Sika bleibt vorerst alles beim Alten. Der Verwaltungsrat hat die Stimmrechte der Erben an der Generalversammlung in wichtigen Punkten beschränkt und so einen Verkauf vorläufig blockiert. Nun dürften die Gerichte entscheiden. Klar ist: Die Abwehrschlacht ist teuer – schon jetzt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Verkauf der Sika an die französische Saint-Gobain ist vorerst blockiert.
  • An der Generalversammlung schränkte der Verwaltungsrat die Stimmrechte der Familie ein. Sie konnten bei der Neuwahl des Verwaltungsrates nicht ihre ganze Stimmkraft einsetzen.
  • Nun dürfte es vor Gericht weitergehen.
  • Saint-Gobain will trotzdem an der geplanten Übernahme festhalten.
  • Die Abwehrschlacht kostete bisher fast sechs Millionen Franken.

Umstrittene Klausel bleibt

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Bei Sika bleibt die Opting-Out-Klausel, mit der neue Grossaktionäre auf ein öffentliches Kaufangebot verzichten können, bestehen. Die GV lehnte die Aufhebung ab. Allerdings hatte die Abschaffung von vorneherein keine Chance, weil die Gründerfamilie bei der Abstimmung nicht in ihren Stimmrechten eingeschränkt war.

Im Verwaltungsrat des Baarer Bauchemiekonzerns Sika haben auch weiterhin die Gegner eines Verkaufs an die französische Saint-Gobain die Mehrheit. Die Generalversammlung stimmte der Wiederwahl von Verwaltungsratspräsident Paul Hälg und mehrerer anderer unabhängiger Mitglieder zu. Damit ist der Verkauf fürs Erste blockiert.

Das wurde möglich, weil der Verwaltungsrat zu Beginn der Generalversammlung tief in die Trickkiste gegriffen hatte. Er schränkte die Stimmrechte der Sika-Erben in all jenen Punkten ein, die sich auf den geplanten Verkauf bezogen. Konkret konnten die Erben bei den Wahlen zum Verwaltungsrat nicht ihre volle Stimmkraft einsetzen.

Damit durchkreuzte der Verwaltungsrat die Pläne der Erbenfamilie Burkard, den Verwaltungsrat neu zu besetzen. Auf diese Weise wollte sie den Widerstand brechen und den Weg für eine Übernahme durch Saint-Gobain ebnen.

Vergütungsbericht abgelehnt

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Die Erben der Sika haben mit ihrer Stimmenmehrheit den Vergütungsbericht 2014 abgelehnt. Rechtliche Konsequenzen hat dies nicht, da es sich um eine konsultative Abstimmung handelte. Allerdings fehlt nun die Grundlage für die künftige Vergütung des Verwaltungsrats: Das Entschädigungspaket für die nächste Amtsdauer wurde abgelehnt.

Nun geht der Streit weiter – vor Gericht

Das letzte Wort in dem seit Monaten tobenden Übernahmestreit ist damit aber noch längst nicht gesprochen. Die Erben haben bereits angekündigt, rechtliche Schritte einzuleiten.

Einen kleinen Erfolg konnte die SWH an der Generalversammlung zudem noch erzielen: Kurz vor Schluss wurde ihr Antrag auf eine ausserordentliche Generalversammlung angenommen. Diese soll am 24. Juli stattfinden.

Hälg verteidigt Stimmrechtsbeschränkung

Vor der Wahl in den Verwaltungsrat hatten Hälg und Urs Burkard, der die Erben im Verwaltungsrat vertritt, noch einmal ihre Standpunkte dargelegt. Hälg verteidigte den beispiellosen Entscheid, die Stimmrechte der Familienaktionäre einzuschränken.

Verwaltungsratspräsident Paul Hälg
Legende: Kämpft gegen den Verkauf der Sika: Verwaltungsratspräsident Paul Hälg Keystone

«Wir haben eine massvolle Vorgehensweise gewählt», sagte er. Man habe die Stimmrechte der Schenker-Winkler-Holding (SWH) – in diese Holding haben die Erben ihre Aktien eingebracht – ihrer vollen Stimmkraft nur in jenen Punkten beraubt, die notwendig seien, um eine Einverleibung des Konzerns in Saint-Gobain bis auf weiteres zu verhindern.

Bis zu einer endgültigen Klärung, ob eine solche Stimmrechtsbeschränkung rechtens sei, liege es im Interesse des Unternehmens, dass der bisherige Verwaltungsrat die Führung behalte.

Buhrufe für Erben-Vertreter Burkard

Urs Burkard, der Vertreter der Erben-Familie im Verwaltungsrat, kritisierte den Beschluss anschliessend scharf. Er sprach vom Versuch einer Enteignung und sprach von Bevormundung, wurde dabei aber mehrfach von Aktionären ausgebuht.

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Es sei das gute Recht der Erben, ihren Anteil zu verkaufen, sagte Burkard. Der Verwaltungsrat flüchte sich mit einer Stimmrechtsbeschränkung in die Illegalität. Er kündigte an, die Familienaktionäre würden den Rechtsweg beschreiten. «Das ist geschehen, das geschieht und das wird geschehen», sagte er.

Urs Burkard, der Vertreter der Sika-Erben im Verwaltungsrat, an der GV.
Legende: In wichtigen Punkten entmachtet: Urs Burkard, der Vertreter der Sika-Erben im Verwaltungsrat. Reuters

Saint-Gobain sei keine Heuschrecke, sondern ein verlässlicher Partner, versuchte Burkard die Aktionäre zu beruhigen. Die Arbeitsplätze seien sicher. An der Profitabilität der Sika werde sich nichts ändern. Sika bleibe eine Schweizer Firma, sagt er – und bekam als Antwort ebenfalls Buhrufe.

«Übernahme nicht im Interesse der Sika»

Zum Auftakt der Generalversammlung hatte Hälg noch einmal wiederholt, warum sich der Verwaltungsrat gegen den Verkauf an Saint-Gobain mit Händen und Füssen wehrt. «Es geht um die Zukunft der Sika und ihrer Mitarbeiter», sagte er. Die geplante «unfreundliche Übernahme» sei nicht im Interesse des Unternehmens.

Das Geschäft gefährde nicht nur das erfolgreiche Wachstumsmodell der Sika, sondern entbehre auch «jeglicher industrieller Logik», so Hälg. Die angekündigten Synergien seien unrealistisch – der Aufwand für das Geschäft viel grösser als der Nutzen. Es bleibe die Frage, was die «wahren Absichten von Saint-Gobain sind», so Hälg.

Teure Abwehrschlacht

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Schon jetzt ist klar, dass die Abwehrschlacht der Sika teuer wird. Bis jetzt wurden dafür 5,7 Millionen Franken ausgegeben, hiess es am Ende der Generalversammlung. Davon entfielen 2,6 Millionen Franken auf Rechtsberater und -gutachten, 1,1 Millionen auf die Öffentlichkeitsarbeit und 2,0 Millionen auf übrige Berater.

Saint-Gobain hält an Übernahme fest

Saint-Gobain selbst teilte mit, an den Übernahmeplänen festhalten zu wollen. Die Beschlüsse habe man zur Kenntnis genommen, heisst es in einer Mitteilung, die gegen Ende der Generalversammlung verschickt wurde. Saint-Gobain habe «volles Vertrauen in die Schweizer Gerichte». Die Beschränkung der Stimmrechte der SWH sei rechtswidrig.

Saint-Gobain hatte die Laufzeit des Kaufvertrages vor einer Woche bis zum Juni 2016 verlängern lassen – offensichtlich in Erwartung der Entscheidungen der Generalversammlung.

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