Die Schweiz könnte mehr tun im Kampf gegen Geldwäscherei und Steuerdelikte. Bundesanwaltschaft und Finanzmarktaufsicht wollen den Architekten von Briefkastenfirmen – in Panama und anderen Steueroasen – genauer auf die Finger schauen. Doch nicht nur der Bund, auch die wichtigste der privaten Selbst-Regulierungs-Organisationen für Anwaltskanzleien wird nun aktiv. Die Panama Papiere seien ein Weckruf, sagt Peter Lutz, Präsident dieser Selbstregulierungs-Organisation, der SRO Anwälte und Notare: «Es hat einen Risikobereich aufgezeigt, der vermutlich niemandem in diesem Ausmass bewusst war.» Entscheidend sei, dass man so rasch als möglich entsprechende Massnahmen treffe.
Seiner Organisation sind 700 der etwa 1000 Schweizer Anwälte mit Offshore-Geschäften angeschlossen. Diese Kanzleien unterstehen schon den strengen Bestimmungen des Geldwäschereigesetzes. Sie helfen nicht nur beratend, Briefkastenfirmen zu gründen, sondern überweisen oft auch Kundengelder dorthin. Vorher müssen sie prüfen, ob das Geld aus einer sauberen, unverdächtigen Quelle kommt.
Was kann man tun, damit die Vorschriften eingehalten werden?
SRO-Präsident Lutz schärft seinem Team von 20 Prüfbeauftragen ein, ab sofort die Kanzleien für das Thema zu sensibilisieren und besonders kritisch nachzufragen. «Bei denjenigen Anwälten, die der SRO angeschlossen sind, haben wir eine grosse Chance, dass wir die schwarzen Schafe erwischen. Eine hundertprozentige Trefferquote ist aber nicht gegeben.»
Im Durchschnitt alle zwei Jahre bekommt jede Kanzlei Besuch von den Prüfern seiner SRO. Die Anwälte müssen dann genau aufzeigen, was sie gegen das Geldwäscherei-Risiko unternehmen. Das System habe sich bewährt, sagt Anwalt Lutz. Zumal die Finanzmarktaufsicht streng überwache, ob die Selbstregulierungsorganisation ihre Arbeit richtig macht.
Ganz anders sieht das die Linke, so etwa SP-Nationalrätin und Rechtsanwältin Margret Kiener Nellen. Der Selbstregulierung erteilt sie eine schlechte Note: «Selbstregulierung ist ein Schönwetterprogramm. Wenn man es mit professionellen Steuerhinterziehungs- und Steuerbetrugskanälen zu tun hat, hat sie leider versagt.»
Sie plädiert darum für eine umfassende Reform. Alle Anwälte müssten dem Geldwäscherei-Gesetz unterstellt werden, wenn sie in irgendeiner Form beim Aufsetzen von Briefkastenfirmen behilflich seien. Erhöhte Sorgfaltspflichten gälten dann also nicht nur für jene Kanzleien, die effektiv die Finanzflüsse kontrollieren, so wie es heute geregelt ist.
Zudem wollen SP-Parlamentarierinnen eine halbstaatliche Aufsicht einführen, wie sie der Bund für Vermögensverwalter dem Parlament vorgeschlagen hat. Diese Aufsicht sei auf Wirtschaftsanwälte auszudehnen, auch wenn sie nur helfen Briefkastenfirmen aufzubauen.
Auch Treuhänder sind für strengere Regeln
Dabei erhält die Linke Unterstützung von unerwarteter Seite: Die geltende Regelung sei zu lasch und nicht im Einklang mit den neuen internationalen Standards, sagt Alexander von Heeren. Er betreibt eine Treuhandfirma in Basel und ist Präsident der schweizerischen Trust-Vereinigung SATC. Er kennt sich aus mit internationalen Offshore-Strukturen. In der EU müsse man strengere Auflagen erfüllen, wenn man als Anwalt oder Treuhänder eine solche Gesellschaft gründe. Die Beratung werde erst angegangen, wenn das Anwaltsbüro sämtliche Antworten glaubwürdig erhalten habe.
So wollen es auch die Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, bei der die Schweiz Mitglied ist. Von Heeren will, dass auch die Schweiz von sich aus diese OECD-Empfehlungen umsetzt, statt abzuwarten.
In diesem Punkt scheiden sich in der Branche aber die Geister: Peter Lutz, der Präsident der SRO für Anwälte hält jedenfalls wenig von der Anpassung ans Ausland. «Ich bin dafür, dass das Geldwäscherei-Phänomen so gut als möglich bekämpft wird und weniger, dass man ein System installiert, um den Ausland zu gefallen.»
Im bürgerlich dominierten Parlament dürfte er mit dieser Ansicht einige Unterstützung finden. Ob es also tatsächlich zu einer Reform kommt bei den Anwälten, ist deshalb ungewiss.