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Holzregal mit Fächern, darin hängen zum grossen Teil Hotelschlüssel.
Legende: Die Mittelklassehotels sind aktuell die Sorgenkinder der Branche. Keystone

Wirtschaft Vielen 3- und 4-Sterne-Hotels fehlt es an Profil

Die Empörung in der Tourismusbranche war besonders heftig, als die Nationalbank Mitte Januar den Euro-Mindestkurs aufhob. Auf einen Schlag wurden Hotels für Gäste aus dem Euro-Raum 15 Prozent teurer. Ganz besonders in der mittleren Preisklasse hat sich der Kampf um belegte Betten verschärft.

Ein schmuckes 3-Sterne-Hotel mitten in Zürich. Yvonne Scharl schüttelt den Kopf, wenn sie an diese Januartage zurückdenkt. «Völlig unvorbereitet wurden wir vor Tatsachen gestellt. Und da haben wir gedacht, jesses Gott, was machen wir jetzt?»

Die Hoteldirektorin schüttelt aber nicht nur wegen der Nationalbank den Kopf. Sie kritisiert auch die Reaktion gewisser Branchenkollegen «die ganz extrem, schon fast hysterisch» gewesen seien. Scharl meint dabei die extremen Rabatt-Aktionen, welche postwendend auf die Mindestkursaufhebung folgten. 4-Sterne-Hotels mit höheren Fixkosten wollen mit den Preisreduktionen ihre leeren Betten füllen.

«Das wirkt sich auch auf unsere Preise aus», sagt die Direktorin des 3-Sterne-Hauses. Der harte Kampf um Gäste wurde noch einmal härter. Und dies nicht nur in der Limmatstadt mit ihren zahlreichen 3- und 4-Sterne Hotels gibt es diesen Preiskampf.

Hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig hat beobachtet, dass «die Mittelklasse sicher ein bisschen mehr leidet, weil sie von der Positionierung her nicht so klar ist wie jene im Low-Budget- oder im High-End-Bereich».

Preissensitivität im mittleren Segment höher

Sprich: Der Unterschied zwischen 3- und 4-Sterne-Häuser ist nur marginal. Der Preis wird so zum entscheidenden Argument für die Kunden. Die Preissensitivität ist im Mittelsegment höher, sagen verschiedene Branchenkenner.

Gleichzeitig sei der Nachholbedarf genau hier noch am höchsten, sagt Tourismus-Schweiz-Direktor Jürg Schmid. Viele strukturelle Anpassungen seien nötig: «Jeder muss mehr zusammenarbeiten, jeder muss in seinem Betrieb schauen, wie kann ich die Kosten senken, besser kooperieren und zusammenarbeiten, und das geschieht auch.» Anstelle des Preiskampfs propagiert er Kooperation unter Hotels.

Die Konkurrenz muss mehr und öfter zusammen arbeiten, das sagt auch Züllig: «Da muss man vielleicht zusammenspannen; 3- und 4-Sterne-Hotels, die kein Hallenbad oder keine Wellnessanlage haben, so dass man etwas zusammen anbieten kann.» Auch gemeinsam einzukaufen, um Mengenrabatte zu erhalten, oder sich gemeinsam zu vermarkten, schlägt Schmid den betroffenen Hotels vor.

Zahlreiche Hotels werden verschwinden

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Solche Kooperationen entstehen zwar nicht einfach von heute auf morgen. Aber, sagt Züllig vom Verband Hotelleriesuisse mit Blick auf die momentane Situation: «Das wird die Strukturveränderung sicher beschleunigen.»

Tourismus-Schweiz-Chef Schmid beobachtet, dass zahlreiche Hotels im mittleren Segment nicht schnell genug reagieren: «Es ist eine Realität: Hotels werden verschwinden, wie es in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren kontinuierlich der Fall ist.»

In den letzten fünfzehn Jahren hat bereits jedes achte Hotel dicht gemacht. Etwas über 5000 Betriebe gibt es derzeit noch in der Schweiz. Vor dem Verschwinden hat Hotel-Direktorin Scharl in Zürich keine Angst. Sie hat schon verschieden Schritte unternommen.

Joggen mit dem Hoteldirektor im Angebot

Mit ihrem Hotel gehört sie bereits einer Kooperation von Stadthotels an, die sich vor allem auf die gemeinsame Vermarktung konzentriert. Im Zentrum steht die Frage: «Wie können wir dem Gast ein positives Gefühl geben, so dass er weggeht und das Gefühl hat, er habe zwar mehr bezahlt, aber dafür auch mehr bekommen?»

Wie macht man das? «Dass zum Beispiel der Hoteldirektor joggen geht mit den Stammgästen. Einfach Sachen, die den Aha- und den Wow-Effekt auslösen bei den Gästen.» Das Aha und das Wow sollen die höheren Preise also vergessen machen und dem Preiskampf ein Ende setzen.

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