Das Bruttoinlandprodukt (BIP) erfasst zwar die wirtschaftliche Leistung eines Landes, blendet aber viele andere Aspekte aus. Unberücksichtigt bleiben zum Beispiel die Freiwilligenarbeit, die Hausarbeit sowie die Pflege von Angehörigen. Das BIP schweigt aber auch bei der Verteilung des Einkommens und über die Nutzniesser des Wachstums.
Diese allein wirtschaftliche Optik genüge manchmal nicht, um die Lage der Bevölkerung umfassend zu beschreiben, erklärt der Direktor des Bundesamtes für Statistik (BFS), Georges-Simon Ulrich. Um die Messungen zur Lebensqualität und zur Wohlfahrt breiter abzustützen, wurde ein System mit 40 Indikatoren entworfen.
Ziel: Komplexe Entwicklungen einfach aufzeigen
Es geht um die subjektive Situation der Bevölkerung. Stichwörter sind die Lebenszufriedenheit, die Wahrnehmung von Umweltbedingungen, die psychische Gesundheit oder auch der selbst wahrgenommene Gesundheitszustand.
Das BFS verzichtet dabei darauf, aus all den Zahlen einen einzigen Index zu kreieren. Denn die Realität sei zu kompliziert, um sie auf eine einzige Zahl zu beschränken wie beim BIP. «Wir möchten möglichst einfach die Entwicklungen aufzeigen. Die Interpretation wollen wir der Bevölkerung oder eben auch der Politik überlassen», sagt Ulrich.
Gescheiter, gesünder, älter
Die Messungen des Bundesamtes zeigen ein differenziertes Bild. So gibt es viele Ebenen in der Schweiz, auf welchen es der Bevölkerung zunehmend besser geht. Dies gilt laut Ulrich etwa für den steigenden Bildungsstand mit seit Jahren steigenden Hochschulabschlüssen.
Die Lebenserwartung hat sich in den letzten hundert Jahren beinahe verdoppelt und ist eine der höchsten in der ganzen Welt. Auf den eigenen Gesundheitszustand bezeichnet die grosse Mehrheit der Bevölkerung als gut bis sehr gut.
Es gibt aber auch negative Entwicklungen, die die Wohlfahrt beeinträchtigen wie mehr Autos und Lärm. Der Bedarf an Wohnraum ist grösser geworden, und viele Haushalte müssen Schulden machen, weil das Einkommen nicht ausreicht.
Zu all diesen Bereichen haben die Statistiker Daten gesammelt und im Internet veröffentlicht. Der Nachteil der neuen Methode: Die Zahlen sind weniger gut vergleichbar als zum Beispiel das BIP. Auch die EU und die OECD wollen die Wohlfahrt messen. Ein einheitliches System auf internationaler Ebene gibt es aber noch nicht.