Der Blick zurück verheisst wenig Gutes: In den 1960er- und 1970er-Jahren, als noch für alle Ausländer ein Kontingentsystem herrschte, haben jene Branchen die kontingentierten Bewilligungen erhalten, die unter Druck waren und am stärksten lobbyierten, sagt Patrik Schellenbauer, Ökonom des Think Tanks Avenir Suisse, zu «ECO». Man habe so ineffiziente Strukturen erhalten, was die Rezession von 1975 verschärfte.
Nun muss die Schweiz für Zuwanderer aus der EU wieder Kontingente einführen, so will es die Initiative «Gegen Masseneinwanderung». Für Arbeitskräfte ausserhalb von EU und Efta gelten schon heute Kontingente, der Bundesrat legt jährlich eine Höchstzahl von derzeit 8500 Arbeitskräften fest. Würde man dieses System auf die EU übertragen, müsste eine Höchstzahl für einen viel grösseren Pool von Arbeitskräften festgelegt werden, und das ist laut Schellenbauer heikel. Wie hoch soll sie sein? Entweder verlasse man sich auf Modellrechnungen, «aber Modelle können sich irren». Oder man frage die Unternehmen, «doch sie hätten einen Anreiz, ihren Bedarf zu übertreiben, um höhere Kontingente zu erhalten».
Hinzu käme eine riesige Bürokratie. Der Kanton Basel-Stadt etwa beschäftigt schon heute sechs Personen, um die jährlich rund 1000 Gesuche für Personen aus Drittstaaten zu prüfen, also für Arbeitnehmer, die weder aus der EU noch aus Efta-Ländern stammen. «Wenden wir dieses System auch auf Europa an, bräuchten wir viel mehr Leute», sagt Hansjürg Dolder, Chef des Amts für Wirtschaft und Arbeit. Zudem stiege der Aufwand für die Firmen markant.
Wer am meisten bezahlt, kommt zum Zug
Ist die Höchstzahl einmal festgelegt, fragt sich, welchen Firmen die Kontingente zugeteilt werden. Im heutigen Drittstaaten-Modell gilt das Prinzip «first come, first serve». Ökonomisch sinnvoller wäre es laut Patrik Schellenbauer, Bewilligungen mittels einer Versteigerung zu vergeben. Eine Idee, der vor ihm schon andere Ökonomen das Wort geredet hatten.
Denkbar sind monatliche Bieter-Verfahren, bei denen die meistbietenden Firmen zum Zug kommen. «So erhalten jene Unternehmen die Kontingente, welche mit diesen Jobs die höchste Wertschöpfung generieren. Das fördert Wachstum und Produktivität, und das dient uns allen», sagt Schellenbauer.
Weniger produktive Branchen wie Landwirtschaft oder Tourismus hätten indes das Nachsehen. Deshalb schlägt Schellenbauer vor, einen Teil der Kontingente vom Bund versteigern, den anderen Teil von den Kantonen zuteilen zu lassen. So könnten die Kantone Branchen- und Regionalpolitik betreiben, wenn sie dies wollten.
Geld für Steuerbonus oder Bildungsfonds
Mit der Versteigerung würde Geld generiert. Geld, das man laut Schellenbauer «als Abgeltung dafür interpretieren kann, dass Zuwanderung für ein kleines Land wie die Schweiz auch Kosten mit sich bringt». So liesse sich das Geld zum Beispiel in Form eines Steuerbonus an die Bevölkerung zurückgeben – oder in einen Fonds umleiten, mit dem die Berufsbildung gefördert würde.
Avenir Suisse hatte bereits vor einem Jahr angeregt, dass sich Firmen auf eine freiwillige Abgabe für die Anstellung ausländischer Arbeitskräfte einigen sollten. «Unsere Idee war, dass die Wirtschaft mit dieser Selbstregulierung ein Signal aussendet, diese für sie so wichtige Freiheit, die Personenfreizügigkeit, zurückhaltend zu nutzen», so Schellenbauer. «Heute, unter neuen Vorzeichen, müsste dies aber der Staat tun.»